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Hysterese des Antarktischen Eisschildes
Antragstellerin
Professorin Dr. Ricarda Winkelmann
Fachliche Zuordnung
Physik, Chemie und Biologie des Meeres
Förderung
Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 404148851
Der antarktische Eisschild ist das größte Süßwasserreservoir der Erde, mit einem Eisvolumen, das einem globalen Meeresspiegelanstieg von etwa 58 m entspricht. Selbst kleinste Änderungen in der Massenbilanz des Eisschildes haben somit enorme globale Auswirkungen und sind wissenschaftlich wie gesellschaftlich hochrelevant. Derzeit beschleunigt sich der Massenverlust des Eisschilds. Die Antarktis könnte damit einen wesentlichen, wenn nicht sogar den größten Beitrag zum Meeresspiegelanstieg im 21. Jahrhundert liefern. Mehrere selbstverstärkende Mechanismen, darunter die marine Eisschildinstabilität und die Instabilität von marinen Gletscherklippen sowie die Eis-Albedo- und Höhe-Schmelz-Rückkopplungen, können zu abruptem und möglicherweise irreversiblem Eisverlust aus bestimmten Regionen der Antarktis führen.In dem vorgeschlagenen Projekt werden wir diese Prozesse und ihren Einfluss auf die Stabilität des Antarktischen Eisschildes unter globaler Erwärmung mit dem Parallel Ice Sheet Model (PISM) untersuchen. Insbesondere planen wir, neue Module zu implementieren, die die Rückkopplungsmechanismen zwischen Eis und Atmosphäre, sowie den beschleunigten Massenverlust durch Hydrofracturing erfassen können. Hydrofracturing ist ein Prozess, bei dem oberflächliches Schmelz- und Regenwasser in Risse dringt und diese vertieft und damit Schelfeis destabilisiert. Basierend auf diesen neuen Modulen planen wir, mit PISM ein Ensemble von plausiblen heutigen Zuständen für den antarktischen Eisschild zu erstellen. Für einen der Grundzustände, der den derzeitigen Eisschild am besten abbildet, werden wir Hysterese-Diagramme erstellen, indem die klimatischen Randbedingungen langsam verändert werden. Die Zeitskala der Klimaänderungen muss dabei langsamer sein als die eisdynamischen Zeitskalen, sodass der Eisschild im Quasigleichgewicht bleibt und transiente Effekte minimiert werden. Die Hysterese-Simulationen werden daher auf Zeitskalen von Millionen von Jahren durchgeführt. Es ist zu vermuten, dass einige der antarktischen Eisbecken kritische Schwellen aufweisen, die bei unterschiedlichen Erwärmungsgraden überschritten werden. Wir werden daher auch versuchen mögliche kritische Schwellenbereiche statistisch zu quantifizieren. Der Eisverlust aus diesen Regionen wäre dann auch bei einer Umkehrung der jeweiligen Erwärmung nicht wieder rückgängig zu machen.Das vorgeschlagene Projekt liefert somit eine erste umfassende Analyse der Stabilität und möglichen Hysterese des antarktischen Eisschildes. Zudem werden neue Erkenntnisse über die treibenden Kräfte hinter (abruptem) zukünftigem Eisverlust gewonnen. Die Kenntnis der kritischen Temperaturschwellen und der damit verbundenen Unsicherheiten ist für die laufenden Diskussionen und Verhandlungen über die Einhaltung der Klimaziele von zentraler Bedeutung und wird dabei helfen unsere Verantwortung für die langfristigen Konsequenzen des Klimawandels zu verdeutlichen.
DFG-Verfahren
Infrastruktur-Schwerpunktprogramme
Teilprojekt zu
SPP 1158:
Bereich Infrastruktur - Antarktisforschung mit vergleichenden Untersuchungen in arktischen Eisgebieten
Internationaler Bezug
Spanien, USA
Kooperationspartner
Professor Dr.-Ing. Martin Horwath; Professor David Pollard; Dr. Alexander Robinson