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Kulturelle Übersetzung als multidirektionaler Prozess – Roberto Nobili als missionarischer Übersetzer zwischen Kulturen, Religionen und Institutionen

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung seit 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 404354152
 
In der 1. Förderphase haben wie aus Ansätzen der translation studies (Nida, Lefevere, Venuti) ein analytisches Instrumentarium entwickelt, um kulturelle Übersetzungen zu untersuchen. Wir haben es an Texten von Jesuiten aus verschiedenen Weltregionen und für verschiedene Leser getestet. Giulia Nardini hat es auf das Ñana Upadesam, einen theologisch-katechetischen Text von Roberto Nobili (1577-1656) angewandt - ein Text auf Tamil, der bisher nicht übersetzt oder erforscht wurde. Antje Flüchter kontextualisierte Nobilis Übersetzung mit Texten von Jesuiten, die zu anderen Weltregionen für ein europäisches Publikum geschrieben wurden. So haben wir die multidirektionalen Übersetzungsstrategien der Jesuiten, abhängig von Situationen und Publikum nachgewiesen. Dabei konnten wir ein sehr komplexes Netz aus Aneignung (domestication) und der Zuschreibung von Alterität (foreignization) aufdecken. Diese verschiedenen Strategien zeigen verschiedene Arten von Transkulturationsprozessen, deuten eine Morphologie des Transkulturellen an.Basierend auf diesen Ergebnissen wollen wir unser Projekt in einer 2. Förderphase in zweierlei Hinsicht ausweiten: 1. Wollen wir unser Instrumentarium auf weitere Texte anwenden. Nardini wird sich Texten von H. Henriques (1520-1600) auf Tamil und von G. Fernandes (1541-1618) auf Portugiesisch zuwenden. Nobili nutzte Henriques Übersetzungen als Grundstein für seine Texte, während Fernandes sein Gegner im frühen Ritenstreit war. Flüchter dagegen wird die Erfahrung der Jesuiten in Indien mit Texten über die Mission in Kanada und Äthiopien kontextualisieren. In Kanada wirkten Jesuiten unter den First Nations, weit entfernt vom kolonialen Einflussbereich. In Äthiopien trafen sie dagegen auf Christen die keiner der europäischen Konfessionen angehörten. Die 3 Kontaktzonen eigenen sich in diesen Differenzen besonders als Vergleichsobjekte.2. wollen wir auf einer methodischen Ebene unser Toolkit mit Elementen der Praxistheorie erweitern. Übersetzungen und soziale Praktiken sind aufeinander bezogen: Übersetzen ist eine Praktik und in jedem Kulturkontakt müssen Praktiken übersetzt werden. Wir wollen unser erweitertes Instrumentarium auf 3 Arten sozialer Differenzierung anwenden (gender, Stand, Dimensionen der Heiligkeit) und so eine intersektionale Perspektive entwickeln, um sowohl die Wahrnehmung indischer und anderer Gesellschaften als auch die Interaktion mit ihnen zu analysieren. Damit wollen wir die Beziehungen zwischen Übersetzungspraktiken und der Übersetzung von Praktiken aufdecken (1), der Aushandlung transkultureller Praktiken nachspüren und damit das Bild des missionarischen Kontextes weiter differenzieren (2). Außerdem wollen wir so die Beziehung zwischen lokal übersetzenden Jesuiten und der Bildung der globalen katholischen Orthodoxie, die Dialektik zwischen der Mikro- und der Makroebene untersuchen (3). Schließlich hoffen wir mit dem Fokus auf die Praktiken mehr Zugriff auf die Übersetzungsleistungen lokaler Akteure zu haben.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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