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Bürgerausschüsse in Aachen in der Spätphase des Alten Reiches. Innerstädtische Partizipationsbestrebungen zwischen Gemeindeliberalismus und Klientelismus
Antragsteller
Professor Dr. Stephan Laux
Fachliche Zuordnung
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 405222537
Seit dem Spätmittelalter veränderte sich in vielen deutschen Städten das Erscheinungsbild der Repräsentationskörperschaften: Neben die altangestammten Magistrats- und Schöffenkollegien traten Bürgerausschüsse unter verschiedenen Bezeichnungen, die auf die Kontrolle und damit auf die unmittelbare Teilhabe an der Ausübung ratsobrigkeitlicher Funktionen drängten. Diese Gremien hatten oft über einen langen Zeitraum hinweg Bestand, oder aber sie bildeten sich situativ in aufkeimenden Konflikten. Als eingespielte Instrumente bürgerschaftlicher Meinungsrepräsentation und -artikulation exponierten sich Bürgerausschüsse stark im Zuge jener innerstädtischen Auseinandersetzungen, die sich in den rund zwei Jahrzehnten vor der Französischen Revolution massiv häuften. Das Projekt setzt sich zum Ziel, die Diversifizierung städtischer Herrschaftsstrukturen und Partizipationsformen im Spannungsfeld eines primär ökonomisch motivierten Verteilungskampfes und eines vornehmlich ideell motivierten Stadtrepublikanismus ins Auge zu fassen. Zu diesem Zweck ist mit Blick auf die Unruhen in der Reichsstadt Aachen, die in der Mitte der 1780er Jahr kulminierten und die Französische Revolution bis zur finalen Inbesitznahme der Stadt durch französische Truppen 1794 überlappten, eine Fallstudie geplant.Das Forschungsvorhaben richtet sein Interesse somit auf die Weiterentwicklung partizipativer Institutionen in der städtischen politischen Kultur und ihrer Bedeutung für die Herausbildung des deutschen Konstitutionalismus und Frühliberalismus um 1800. Es geht dabei von der Prämisse aus, dass der Sozialform „Stadt“ die Partizipation der Bürger an allen dem ‚Gemeinwohl‘ verpflichteten Handlungen als Leitidee ihrer genossenschaftlichen Selbstorganisation zugrunde lag. Partizipation entsprach also gleichsam dem Wesen städtischen Daseins, denn erst durch die Teilhabe an öffentlichen Ämtern kristallisierte sich idealiter die bürgerliche Freiheit des Einzelnen heraus. Da diese Teilhabefähigkeit aber grundsätzlich an Steuerbarkeit und damit ökonomische Exklusivität gebunden war, war Ungleichheit eine folgenreiche Begleiterscheinung des korporativen Prinzips „Stadt“. Diese Zielspannung verweist die Untersuchung von Partizipationsformen und -ansprüchen von Bürgerausschüssen zurück auf die vielfältigen Dimensionen von Ungleichheit in der städtischen Gesellschaft. Mit dem ausgehenden 18. Jahrhundert und frühen 19. Jahrhundert wird eine Epoche des gesellschaftlichen Übergangs und der politischen Innovationen in den Blick genommen, in der neue und alte Formen der Partizipation sich in engster Verbindung mit den Veränderungen etablierter Ungleichheitsstrukturen in der Stadt entwickelten. Das Projekt hat das Ziel, die institutionellen Formen und Funktionen, insbesondere aber auch die ideellen Leitvorstellungen von Bürgerausschüssen in der Spätphase des Alten Reiches und deren Verbindung zu den verschiedenen Dimensionen städtischer Ungleichheit zu untersuchen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen