Detailseite
Projekt Druckansicht

Feedback als Weg nach vorn: sensorische Vorhersagen in der Gesichtsverarbeitungshierarchie von Primaten

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung seit 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 405847822
 
Die Welt ist voller Struktur. Donner folgt auf Blitz und Ampeln schalten von Rot zu Grün. Das Gehirn nutzt solche Muster, um vorherzusagen, was als nächstes passieren wird. Indem wir antizipieren, anstatt zu reagieren, können wir z.B. gerade dann losfahren, wenn die Ampel grün wird, und so lautes Hupen vermeiden. Vorhersagen verbessern die Wahrnehmung. Bei Störungen wie Autismus scheint die Fähigkeit, Vorhersagen zu machen, beeinträchtigt zu sein. Wie Vorhersagen im Gehirn implementiert sind, ist jedoch kaum bekannt, insbesondere für visuelle Objekterkennung und auf der Ebene einzelner Neurone. Wir wollen testen, ob Vorhersagen durch Feedback von höheren zu niedrigeren Hirnarealen realisiert werden. Diese Hypothese weicht radikal von aktuellen Theorien zur Objekterkennung ab, die nur auf Feedforwardverbindungen von niedrigen zu höheren Hirnarealen basieren. Wir werden dies im Gesichtsverarbeitungssystem von Makaken untersuchen, einem hochentwickelten System, das dem des Menschen sehr ähnelt. Dieses System besteht aus einzelnen, hierarchisch organisierten Hirnarealen mit individuellen funktionellen Eigenschaften. Wir werden die neuronale Basis von Vorhersagen erforschen, indem wir eine Entdeckung nutzen, die wir kürzlich gemacht haben: Da höhere Areale Information anders codieren als niedrigere, trägt Feedback eine funktionale Signatur höherer Areale, die wir in niedrigeren Arealen nachweisen können, wenn Vorhersagen verletzt werden. Darauf aufbauend werden wir untersuchen, wie Vorhersagen zwischen Hirnarealen ausgetauscht werden, wie sie die Informationsverarbeitung beeinflussen und ob höhere Areale kausal relevant für Vorhersagen sind: Wir werden das Gesichtsverarbeitungssystem des Affen mittels Bildgebung lokalisieren und parallele elektrophysiologische Ableitungen durchführen, die Aufschluß über Dynamik und Direktionalität des Informationsflusses zwischen Hirnarealen während vorhersagbaren und unvorhersagbaren Abfolgen von Gesichtern geben (Ziel1). Wir werden die kausale Relevanz von Feedback für Vorhersagen durch reversible Inaktivierung höherer Gesichtsverarbeitungsareale während funktionieller Bildgebung untersuchen (Ziel 2). Schließlich werden wir testen, ob Menschen dieselbe neuronale Lösung wie Affen verwenden, um Vorhersagen über Gesichter zu machen, und im Menschen untersuchen, ob sensorische und abstrakte Vorhersagen gleichermaßen durch Feedback die Wahrnehmung verbessern (Ziel 3). Diese Untersuchung über Spezies (Menschen, Affen), räumliche Skalen (Netzwerke - einzelne Neuronen) und Abstraktionsebenen (sensorisch, konzeptuell) hinweg wird einen klaren Test der Rolle von Feedback für Vorhersagen liefern und eine neue Qualität der Informationsverarbeitung jenseits aktueller Feedforward-Theorien der Gesichtswahrnehmung aufzeigen. So gewinnen wir Einblick in die Mechanismen der Objekterkennung, einer Kernaufgabe des visuellen Systems, und in die in der Informationsverarbeitung liegenden Wurzeln von Defiziten bei Zuständen wie Autismus.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung