Soziale Aspekte restriktiven Essverhaltens bei Anorexia Nervosa
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des geplanten Projekts war es, besser zu verstehen, inwiefern soziale Faktoren zu restriktivem Essverhalten bei Anorexie (AN) beitragen. Zu diesem Zweck werden AN-Patientinnen und gesunde Versuchsteilnehmerinnen (HC) mit zwei experimentellen Paradigmen mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomographie untersucht. Im ersten Paradigma werden neuronale Reaktionen auf antizipierte Essens- und Geldbelohnungen untersucht und es werden persönliche (eigener Gewinn) mit stellvertretenden Belohnungen (Gewinn für eine andere Person) verglichen. Ich stellte die Hypothese auf, dass sich die AN-Gruppe in der Aktivität des Nucleus Accumbens – einer zentralen Struktur im Belohnungssystem des Gehirns – während der Antizipation von Belohnungen und in Verhaltensmaßen der Motivation (Reaktionszeiten und Post-Scan-Bewertungen) von der Kontrollgruppe, je nach Art der Belohnung und des Belohnungsempfängers unterscheidet. Im zweiten Paradigma werden neuronale Aktivierungen, welche mit sozialen Essenssituationen verbunden sind, untersucht und dabei Situationen verglichen, in denen die Probandinnen sich vorstellen zu essen bzw. anderen Personen beim Essen zuzusehen. Ich erwartete einen Interaktionseffekt zwischen der Gruppe (AN, HC) und der Art der Situation (essbezogen, nicht essbezogen) für die Bewertungen der Situationen und die Aktivität im ventralen Striatum (als Struktur des Belohnungssystems) und in schamassoziierten Netzwerken, wenn die Probandinnen sich vorstellen, die Protagonistin der Situation zu sein. Darüber hinaus erwartete ich, dass AN-Patienten und HC unterschiedliche Effekte bei der Unterscheidung zwischen Protagonisten- und Beobachterperspektive zeigen. Schließlich stellte ich die Hypothese auf, dass das Essverhalten auch in einer subklinischen Stichprobe damit zusammenhängt, wie angenehm das Essen in sozialen Situationen wahrgenommen wird. Ich erwarte, dass ich mit dem geplanten Projekt wichtige Informationen über Mechanismen liefern kann, die restriktivem Essverhalten bei Anorexie Nervosa zugrunde liegen und damit helfen kann, effektivere Behandlungsstrategien zu entwickeln. Leider ist die Datenerhebung noch nicht abgeschlossen und wird nach dem Förderzeitraum fortgesetzt. Aufgrund der COVID-19-Pandemie musste das Projekt für einen längeren Zeitraum unterbrochen werden. Wir konnten jedoch vor der Pandemie erhobene Daten aus der Pilotstudie nutzen, um die Veränderung der Wahrnehmung sozialer Situationen (ohne Fokus auf Essen) als Folge der Pandemie zu untersuchen. Hier konnten wir zeigen, dass sowohl das mit einer bestimmten Situation verbundene Risiko als auch die allgemeine individuelle Wahrnehmung des aktuellen Infektionsrisikos mit Veränderungen des Wohlbefindens in sozialen Situationen von vor zu während der Pandemie zusammenhingen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Perceived Risk of Infection Linked to Changes in Comfort in Social Situations From Before to During the COVID-19 Pandemic. Frontiers in Psychiatry, 12.
Stierand, Janine; Luebber, Finn; Krach, Sören; Paulus, Frieder Michel & Rademacher, Lena
