Detailseite
Projekt Druckansicht

Lassen sich Patchwork-Ansätze zu wissenschaftlichen Begriffen generalisieren?

Antragsteller Dr. Philipp Haueis
Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Förderung Förderung von 2018 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 408804291
 
Wie benutzen Wissenschaftler Begriffe, um unterschiedliche Phänomene zu beschreiben und zu erklären? Patchwork-Ansätze in der praxisorientierten Wissenschaftsphilosophie behaupten, dass Forscher Begriffe oft implizit in verschiedene Segmente strukturieren, um den untersuchten Teil der Realität möglichst effizient erfassen zu können. Ein Beispiel: je nach Verfahren steuert der Begriff "Härte" eine andere Materialeigenschaft an, so dass sich unterschiedliche 'Fassungen' der Bedeutung von "Härte" ergeben. Diese verfahrensabhängigen Anwendungsbereiche bilden verschiedene Segmente der Patchwork-Struktur des Härtebegriffs. Wissenschaftsphilosophische Analysen der letzten Dekade zeigen, dass zentrale Begriffe in Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und Neurowissenschaft solche Patchwork-Strukturen aufweisen. Eine systematische Generalisierung dieser disziplinspezifischen Ansätze fehlt bisher. Mein Forschungsprojekt versucht deshalb, Patchwork-Ansätze in eine allgemeine, von disziplinären Besonderheiten unabhängige Form zu bringen.Der erste Projektteil generalisiert Patchwork-Ansätze anhand der funktionalen Rollen, zu denen Begriffe in verschiedenen Disziplinen beitragen. Begriffe erlauben uns Phänomene zu identifizieren (Beschreibung) und stellen einen Mechanismus bereit, um sich auf ein oder mehrere Merkmale der Welt zu beziehen (Referenz). Begriffe sind Bausteine für die systematische Kategorisierung beobachteter Fälle (Klassifikation) und für Generalisierungen um unbeobachtete Fälle zu beschreiben (Generalisierbarkeit). Sie helfen Forschern zu erläutern, wieso Phänomene auftreten (Erklärung), wann sie auftreten und wie man sie kontrolliert (Vorhersage und Kontrolle). Der Vergleich verschiedener Patchwork-Ansätze legt nahe, dass die Analyse funktionaler Rollen (z.B. die Rolle von Messverfahren für Referenz und die Rolle des begrifflichen Auflösungsgrades für Beschreibung und Klassifikation) allgemeine Merkmale des Patchwork-Ansatzes freilegen kann.Der zweite Projektteil untersucht, ob ein allgemeiner Patchwork-Ansatz die systematischen Beziehungen zwischen funktionalen Rollen von Begriffen besser einfängt als essentialistische oder holistische Begriffstheorien. Beispielsweise behaupten Essentialisten, dass eine universelle Referenzbeziehung die Bedeutung von generalisierbaren Begriffen erklärt. Sie übersehen deshalb wie Wechsel in der Referenz die Generalisierbarkeit von Begriffen in der Praxis einschränken. Holisten hingegen behaupten, dass Begriffe nur innerhalb einer größeren wissenschaftlichen Theorie Bedeutung erlangen. Sie folgern deshalb, dass Erklärung und Vorhersage ein Klassifikationssystem einer solchen Theorie voraussetzen, obwohl dies in der Praxis oft nicht der Fall ist. Wenn sich diese Thesen bestätigen, dann fängt ein allgemeiner Patchwork-Ansatz die funktionalen Rollen wissenschaftlicher Begriffe besser ein als der Essentialismus oder Holismus, ohne die Realität der empirischen Forschungspraxis aus den Augen zu verlieren.
DFG-Verfahren Forschungsstipendien
Internationaler Bezug USA
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung