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Sterben wie ein Hund? Konvergenzen und Divergenzen im human- und veterinärmedizinethischen Diskurs zum Lebensende von Menschen bzw. Heimtieren und Folgen für die Verhältnisbestimmung von Medizin- und Tierethik

Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Tiermedizin
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 409603981
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt analysierte die Diskurse in Human- und Veterinärmedizin in Bezug auf die moralische Bewertung von unterschiedlichen Vorgehensweisen am Lebensende der menschlichen bzw. tierlichen Patienten. Zu den untersuchten Vorgehensweisen zählen die (lebenserhaltende oder palliative) Behandlung und alle Formen von Sterbehilfe (Euthanasie und Sedierung beim Tier, Tötung auf Verlangen, palliative Sedierung, Suizidhilfe und Therapiebegrenzung beim Menschen). Die kritische Analyse der Literatur und eine eigene empirische Datenerheben (Fokusgruppen, online-Gedankenexperiment) ergaben Konvergenzen im Bereich der Behandlungsmethoden und Sterbeoptionen bei Mensch und Tier, die aber weder in der wissenschaftlichen Literatur noch in der professionellen Praxis ausreichend (ethisch) reflektiert werden: Behandlungsmethoden werden vom Menschen auf Tiere übertragen, die Diskussion um das gute Sterben beim Tier integriert Optionen wie Tierhospiz und Palliativversorgung; in der Humanmedizin wird die Diskussion über die Option der Tötung aus dem Erfahrungsbereich der Veterinärmedizin übernommen. Hier zeigen sich Konvergenzen und Divergenzen deutlich facettenreicher als zunächst angenommen: Wenn sich auch bestimmte Verfahren und Institutionen einander annähern, bleiben signifikante Unterscheide (z.B. die unterschiedlichen Aufgaben von Hospizen). Gemäß Antrag „sollte herausgearbeitet werden können, ob und wie ggf. einzelne Kategorien divergieren.“ Das Projekt hat das an vielen Beispielen dargelegt, etwa am Konzept von „Lebensqualität“ oder an den Vorstellungen von einem „guten Tod“ von Mensch und Tier. Bei näherer Betrachtung sind auch die (aus der Literatur oder den eigenen empirischen Untersuchungen gewonnenen) Gründe für diese Konvergenzen nicht immer konsistent: Unterschiede hinsichtlich der Spezies, der jeweiligen Autonomie und des Bewusstseinsgrades sind im Diskurs nicht systematisch wiederzufinden. Im Projekt wurden daher vor allem „marginal cases“ für einen Vergleich herangezogen: Menschen mit eingeschränkter Möglichkeit, ihre autonomen Wünsche auszudrücken (Säuglinge, Kleinkinder, geistig beeinträchtigte Menschen oder Patient*innen im Koma). Vergleiche und Annährungen lassen sich hier vorsichtig nachzeichnen. Im Umkehrschluss kann sich gemäß Antrag „noch einmal zeigen, ob und worin Propria der human- und tiermedizinethischen Debatte und Zugänge bestehen und wie Kategorien wie Würde, Interesse, Lebensqualität etc. jeweils definiert und ausgelegt werden“. Auf dieser letzten Ebene bleiben die Fragestellungen für im Vollsinne autonome menschliche Personen (denen von manchen eine besondere Würde zugesprochen wird) doch anders als beim Tier. Die Metafrage des Projekts noch einer vereinheitlichten Bioethik beantwortet sich damit im Wesentlichen ex negativo: Hier stehen die Diskurse für sich.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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