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Medialisierung von Gehirnerkrankungen: Interaktionen zwischen Forschung und Journalismus
Antragsteller
Professor Dr. Markus Lehmkuhl
Fachliche Zuordnung
Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung
Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 411038189
Der Antrag greift das Konzept "Medialisierung der Wissenschaft" insbesondere am Beispiel der Medialisierung von Hirnerkrankungen auf. Es impliziert, dass Wissenschaftler sich mehr und mehr an den Operationsweisen des Journalismus orientieren und dass diese Orientierung zurückwirkt auf den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess und seine Manifestationen: wissenschaftliche Studien und Expertise. Rückwirkungen der Adaption von journalistischen Auswahlregeln konnten bisher nur auf Basis von Einzelfallstudien plausibilisiert werden. Es fehlt an systematischen, größer angelegten Untersuchungen, die in der Lage sind, solche Rückwirkungen zu erfassen und quantifizierend zu beschreiben. Diese Lücke adressiert das Vorhaben.Es konzentriert sich auf fünf potentielle Rückwirkungen: 1. Die zunehmende Ausrichtung der Auswahl von Studien durch sehr prestigeträchtige Journale wie Science oder Nature an massenmedialer Popularität. 2. Die Erhöhung der Zitationsrate wissenschaftlicher Studien in Abhängigkeit von ihrer Sichtbarkeit in Massenmedien.3. Die Zunahme von Übertreibungen in Pressemitteilungen und wissenschaftlichen Studien. 4. Die Zunahme der Häufigkeit, mit der einzelne Studienergebnisse durch den Journalismus mit öffentlich etablierten Themen verknüpft werden.5. Die Zunahme der Präsenz von Wissenschaftlern in öffentlichen Diskursen, die über eine hohe wissenschaftliche Reputation verfügen. Diese potentiellen Rückwirkungen sollen auf einer sehr breiten und umfangreichen Datenbasis untersucht werden, wobei unser besonderes Interesse den Gehirnerkrankungen gilt, genauer acht wissenschaftlichen Interessengebieten der Psychiatrie und Neurologie. Beabsichtigt wird, durch die kombinierte Nutzung von Datenbeständen von Altmetrics, DowJones Factiva und Lexis eine Datenbasis zu konstituieren, die es ermöglicht, nicht lediglich Einzelfälle oder einzelne Themen bzw. wissenschaftliche Interessengebiete zu untersuchen, sondern eine große Zahl von Studien und wissenschaftliche Interessengebiete einzubeziehen, wobei wir zwei, etwa zwanzig Jahre auseinanderliegende Zeitspannen vergleichend betrachten wollen: 2000 - 2004 und 2014 - 2018. Wir zielen darauf ab, zwei bislang fast völlig getrennte Forschungszweige zu vereinen. Der erste zielt auf Basis insbesondere von Inhaltsanalysen journalistischer Produkte darauf ab, unterschiedliche Formen oder Grade von Medialisierung zu unterscheiden. Genutzt werden Indikatoren wie Ausmaß der Berichterstattung oder Pluralität/Polarität öffentlicher Diskurse über wissenschaftsbezogene Themen. Der zweite Zweig besteht aus einigen systematischen Studien, die in jüngster Zeit hauptsächlich in medizinischen Fachzeitschriften erschienen sind. Gezeigt wurde, dass die Relevanz biomedizinischer Befunde in Pressemitteilungen häufig übertrieben dargestellt werden und dass sich diese Übertreibungen ausgehend von den Pressemitteilungen öffentlich verbreiten. Das Vorhaben zielt darauf ab, beide Perspektiven in einem Design zu verknüpfen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Frankreich
Partnerorganisation
Agence Nationale de la Recherche / The French National Research Agency
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner
Estelle Dumas-Mallet, Ph.D.; Professor Dr. Francois Gonon