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Die Grenzen des Wohlfahrtsstaats: Migration, soziale Rechte und Ausweisung (1850-1933)

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2018 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 411657768
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In gegenwartsbezogenen akademischen und politischen Debatten ist das Spannungsverhältnis zwischen europäischer Wohlfahrtsstaatlichkeit und Migration ein heiß diskutiertes Thema. Wie lassen sich soziale Versprechen im Zeitalter der Globalisierung aufrechterhalten? Ist Wohlfahrt nur in „geschlossenen“ Nationalstaaten mit rigidem Grenzschutz denkbar? Inwieweit sind soziale Rechte ein Staatsbürgerprivileg, inwieweit ein Menschenrecht, das auch Zuwanderern zusteht? Unter welchen Umständen sind Zwangsabschiebungen legitim? Solche Fragen haben aktuell eine hohe Brisanz. Erstaunlich wenig ist indes über ihre historische Dimension bekannt. Zwar existiert eine reichhaltige Historiographie zu den Anfängen moderner Sozialpolitik, ebenso zur Geschichte der Migration, und auch die Geschichte der Staatsbürgerschaft hat in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit gefunden. Doch sind dies drei getrennte Forschungsstränge geblieben: Es liegen kaum Studien vor, die quellenfundiert untersuchen, wie die europäischen Wohlfahrtsstaaten in ihrer „Keimphase“ auf die Herausforderungen der Migration reagierten. Das Projekt setzte an dieser Forschungslücke an. Ausgehend von der in der Literatur oft vertretenen, aber nie näher belegten Hypothese, dass sich mit dem Aufstieg des modernen National- und Wohlfahrtsstaats der Status von Ausländern quasi spiegelbildlich zu den erweiterten Rechten der Inländer verschlechtert habe, verfolgte es das Ziel, das Wechselverhältnis zwischen Migration und Sozialpolitik von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Zwischenkriegszeit zu untersuchen. In diesem Zeitraum stand die „Soziale Frage“ ganz oben auf der politischen Tagesordnung in den sich entfaltenden Industriegesellschaften und gleichzeitig beschleunigten sich Wanderungsbewegungen. Das Zusammentreffen von intensiver Sozialreform und hoher Mobilität verlieh der Frage nach der Bedeutung von nationalen Grenzen und Staatsangehörigkeiten eine neue Dringlichkeit: Wer sollte von den expandierenden sozialen Leistungen profitieren und wer nicht? Das Projekt hat das zeitgenössische Ringen um Antworten mit Fokus auf Preußen bzw. das Deutsche Reich in seinen europäischen Bezügen analysiert, und zwar auf drei miteinander verflochtenen Ebenen: zum einen in einer vergleichenden Perspektive auf der Ebene der nationalen Politiken, zweitens in transnationaler Perspektive auf der Ebene der grenzüberschreitenden Verhandlungen und Abkommen, und drittens in einer mikrohistorischen Perspektive auf der Ebene konkreter Praktiken im Umgang mit Zuwanderern anhand von ausgewählten Regionen und Städten. Insgesamt wird gezeigt, dass das Narrativ einer sich verschärfenden Ausländerdiskriminierung zu einfach ist, vielmehr immer wieder neue komplexe Aushandlungsprozesse um partielle Ein- und Ausschlüsse zu beobachten sind, in denen weder alle Inländer noch alle Ausländer gleichgestellt waren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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