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Profiteers of Nazism after 1945: A Comparison of Property Control and Material Denazification in Hamburg and Munich

Subject Area Modern and Contemporary History
Term from 2018 to 2022
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 411804355
 
Final Report Year 2023

Final Report Abstract

Das Forschungsprojekt ging der Frage nach, wie mit den gesperrten Vermögenswerten von NS-Belasteten in Hamburg und München verfahren wurde und wie sich diese und andere materielle Entnazifizierungsmaßnahmen auf die Nachkriegsbiographien der Vermögensinhaber:innen auswirkten. Die Quellenauswertung erwies sich als schwieriger als angenommen, so dass im Laufe der Projektbearbeitung entschieden wurde, vorrangig das Hamburger Beispiel zu bearbeiten. Zusätzlich war die Bearbeitung zeitweise durch Reise- und Besuchseinschränkungen aufgrund der Corona-Epidemie eingeschränkt. Folgende vorläufige Ergebnisse sind festzuhalten: 1945 bis 1947 wurden zwar große Vermögenswerte belasteter Personen in Hamburg gesperrt und unter Kontrolle genommen, jedoch wurden nur in sehr wenigen Fällen tatsächlich Vermögenskonfiszierungen ausgesprochen. Ab 1948 wurde die Entnazifizierung schrittweise beendet und damit zugleich die zentrale Grundlage für Vermögenskontrollen aufgegeben. Ab 1954 mussten belastete Personen nicht mehr befürchten, dass ihr Besitz konfisziert werden würde. Die Vermögen von NS-Belasteten waren eben nicht „herrenlos“ (Marc-Simon Lengowski), sondern sie hatten konkrete Eigentümer*innen, die ihre Besitzrechte mit allen Mitteln sicherten. Der Eingriff in private Besitzverhältnisse erwies sich als überaus schwierig, sowohl aus administrativer-juristischer Perspektive als auch mit Blick auf personale Kontinuitäten in den lokalen Verwaltungsinstanzen sowie in den sozialkulturellen Eliten in der Hansestadt. Für einige ehemalige NS-Funktionäre setzte die materielle Bestrafung nicht mit dem Beginn der Besatzung, sondern erst zeitverzögert ein. Die fortgesetzte materielle Privilegierung von NS-Funktionären ist in einigen Fällen erst mit der Währungsreform im Juni 1948 beendet worden. Wie sich die materiellen Bestrafungsmaßnahmen konkret auswirkten, hing entscheidend davon ab, über wieviel Vermögen die betroffenen Personen zu diesem Zeitpunkt verfügten, wie dieses zusammengesetzt war sowie davon, über welche Kontakte sie zur Entlastung verfügten und wie eng sie mit den Angehörigen der traditionellen Eliten insbesondere in Verwaltung und Wirtschaft zusammengearbeitet hatten. Die Gewinner der Währungsreform waren in erster Linie Angehörige der Vermögenselite und des Besitzgroßbürgertums, unter ihnen viele Unternehmer und auch ehemalige NS-Funktionäre, insbesondere NS-Wirtschaftsfunktionäre, die sowohl Immobilien- als auch Betriebsvermögen besaßen. Die wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Reformpläne der britischen Militärregierung scheiterten weitgehend, so dass die Vermögens- und Eigentumsstrukturen, die u.a. durch Unterstützung des NS-Regimes entstanden oder verbessert worden waren, in der Formierungsphase der Bundesrepublik nicht grundsätzlich in Frage gestellt wurden.

Publications

  • „Praktisch kein Vermögen besessen“. Der Umgang mit den Vermögenswerten NS-belasteter Funktionseliten am Beispiel des ehemaligen Hamburger NSDAP-Gauleiters Karl Kaufmann, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (Hrsg.), Zeitgeschichte in Hamburg 2019, Hamburg 2020, S. 79–97.
    Jessica Erdelmann
 
 

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