Die Rolle des Stammzellfaktors LIN41 in der Funktion von Ependymzellen und der Entstehung von Hydrozephalie
Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Hydrozephalus ist eine Ansammlung von überschüssiger zerebrospinaler Flüssigkeit, auch Liquor genannt, die mit einer Ausdehnung der Hirnventrikel einhergeht. Dieser Zustand kann entweder angeboren oder erworben sein und durch eine übermäßige Liquorproduktion, eine verminderte Absorption oder einen gestörten Liquorfluss verursacht werden. Mit einer Inzidenz von 1 - 2 von 1000 Geburten ist der Hydrozephalus die häufigste Entwicklungsfehlbildung des Gehirns. Zu Beginn unseres Projekts waren jedoch nur wenige Risikogene identifiziert worden, was das Verständnis der zugrundeliegenden Entwicklungsstörungen einschränkte. Wir untersuchen die molekularen Funktionen des Genprodukts Lin41 (auch Trim71 genannt) und welche Rolle es bei der Entwicklung des Gehirns spielt. Als kritisches Targetgen für die miRNA let-7 ist Lin41 Teil eines hoch konservierten regulatorischen Netzwerks, das für die Stammzelldifferenzierung von großer Bedeutung ist. Über die Funktionen dieses Netzwerks in Säugetieren und seine Bedeutung für menschliche Krankheiten ist jedoch wenig bekannt. Nullmutationen von Lin41 in der Maus sind embryonal lethal und führen zu Neuralrohrverschlussdefekten (NTDs), einer schweren Störung der Gehirnmorphogenese. Der NTD-Phänotyp wurde einer vorzeitigen neuronalen Differenzierung zugeschrieben, allerdings stand die Überprüfung dieser Hypothese durch eine gezielte Deletion von Lin41 in Vorläuferzellen noch aus. Um die Letalität der Lin41-Deletion in Mäusen zu umgehen und die Funktion von Lin41 in der postnatalen Gehirnentwicklung besser zu verstehen, haben wir das Lin41-Gen gezielt in Hirnstammzellen, und zwar in den radialen Gliazellen des dorsalen Telencephalons, deletiert. Wir stellten fest, dass mehr als 25 % der betroffenen Mutanten einen postnatalen Hydrozephalus entwickeln. Unsere Hypothese, die auf unseren Vorarbeiten basierte, führte dieses Ergebnis auf eine noch nicht charakterisierte Funktion von Lin41 in Ependymzellen zurück, einer hirnspezifischen Art von Flimmerepithelzellen, die die Ventrikel auskleiden und zum Liquorfluss beitragen. Im Gegensatz zu unserer Hypothese, haben wir in unserem Projekt mehrere experimentelle Techniken angewandt, um zu zeigen, dass Lin41 höchstwahrscheinlich nicht in ependymalen Zellen vorkommt und dass die Funktion der ependymalen Zellen in unseren Lin41-Mutanten intakt ist. Das Fehlen eines nachweisbaren ependymalen Phänotyps veranlasste meine Gruppe, in Zusammenarbeit mit Kristopher Kahle und seinen Kollegen, die molekularen Funktionen von Lin41 im embryonalen Neuroepithel als Grundlage für den beobachteten Hydrozephalus zu charakterisieren. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit legen ein neues Modell nahe, in dem ein primärer Defekt in der embryonalen Neurogenese zu einem späteren Versagen der Bildung des ventrikulären Systems bei Lin41-Mausmutanten und einem bedeutenden Teil der Patienten mit angeborenem Hydrocephalus führt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Impaired neurogenesis alters brain biomechanics in a neuroprogenitor-based genetic subtype of congenital hydrocephalus. Nature Neuroscience, 25(4), 458-473.
Duy, Phan Q.; Weise, Stefan C.; Marini, Claudia; Li, Xiao-Jun; Liang, Dan; Dahl, Peter J.; Ma, Shaojie; Spajic, Ana; Dong, Weilai; Juusola, Jane; Kiziltug, Emre; Kundishora, Adam J.; Koundal, Sunil; Pedram, Maysam Z.; Torres-Fernández, Lucia A.; Händler, Kristian; De Domenico, Elena; Becker, Matthias; Ulas, Thomas ... & Kahle, Kristopher T.
