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Ein Lab-on-chip System mit künstlichen Motoren für gebündelte multiparametrische biochemische Analysen

Antragstellerinnen / Antragsteller Professorin Dr. Larysa Baraban; Dr. Denys Makarov
Fachliche Zuordnung Mikrosysteme
Analytische Chemie
Bioverfahrenstechnik
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 413655771
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt konzentrierten wir uns auf das Verständnis von Antriebsstoff-freien, mit sichtbarem Licht angetriebenen photokatalytischen und elektrokinetischen Janus-Mikromotoren. Insbesondere untersuchten wir die Interaktion dieser Motoren mit einer komplexen fluidischen Mikroumgebung. Dieses Know-how ist für die weitere Entwicklung neuartiger bio- oder chemosensorischer Assays auf einem Chip erforderlich. Ein wichtiger Aspekt, der bei diesen Entwicklungen berücksichtigt wurde, ist, dass Janus-Partikeln, die durch ionische Selbstdiffusionsphorese angetrieben werden, in hohem Maße von ihren eigenen Oberflächenladungen sowie von der Ladungsverteilung und den elektrischen Potenzialen nahe gelegener Oberflächen, z. B. des Substrats und/oder der umgebenden aktiven und passiven Teilchen, beeinflusst werden. Die Untersuchung der elektrokinetischen Eigenschaften aktiver Janus-Partikeln haben es uns beispielsweise ermöglicht, die Dynamik zu verstehen und Designregeln für neue Arten von geometrisch flachen Wänden zu entwickeln, die sich durch ein „soft-potential“- auszeichnen. Wir konnten zeigen, dass Mikrokanäle und Fluidkreise, die auf Basis von „soft-potential“-Wänden (nicht auf der Basis von geometrisch definierten Wänden) aufgebaut sind, anderen Regeln für die durchdringenden Objekte gelten. Insbesondere können solche Systeme einen effizienten Weg bieten, Spezies durch enge Kanäle und Engpässe ohne Verstopfung zu transportieren. Die nächste wichtige Errungenschaft ist das Verständnis der Wechselwirkung von lichtgetriebenen Janus-Partikeln mit den sie umgebenden passiven Teilchen. Insbesondere berichteten wir über die Anisotropie der Wechselwirkung zwischen aktiven und passiven Teilchen in einem System aus weicher Materie, das ein unbewegliches, aber photochemisches Janus-Partikel auf Ag/AgCl-Basis enthält, welches in eine dichte Matrix aus passiven Teilchen in Wasser eingebettet ist. Die Asymmetrie des chemischen Gradienten um das Janus-Partikel, die durch die Beleuchtung mit sichtbarem Licht ausgelöst wird, verzerrt die Isotropie des umgebenden elektrischen Potenzials und führt zur Abstoßung benachbarter passiver Teilchen bis zu einem wohldefinierten Abstand vom Janus-Partikel. Es wurde festgestellt, dass dieser Ausschlusseffekt bei größeren Abständen zu passiven Teilchen vor der Ag/AgCl-Kappe des Janus-Partikels anisotrop ist. Wenn die kolloidale Matrix und die Dichte der Mikromotoren zunehmen, werden ungewöhnlichen Prozesse der Erstarrung des kolloidalen Ensembles beobachtet. Diese Defekt-induzierte Erstarrung findet unter Nicht- Gleichgewichtsbedingungen statt: Der resultierende kolloidale Festkörper existiert so lange, wie eine konstante Energiezufuhr in Form von Ionenfluss durch die katalytische photochemische Reaktion an der Oberfläche des aktiven Janus-Partikels gewährleistet ist. Neben den grundlegenden Aktivitäten zur aktiven weichen Materie haben wir uns im Rahmen des Projektes intensiv mit dem Verständnis der magnetischen Eigenschaften magnetischer Dünnschichten beschäftigt, die auf gekrümmten Oberflächen des Janus-Partikels abgeschieden werden. Diese Aktivitäten führten zu unerwarteten fundamentalen Entdeckungen im Bereich des Magnetismus von geometrisch gekrümmten Nanoobjekten. Wir beobachteten experimentell eine besondere Verdrehung des magnetischen Vortex-Strings in dünnen Permalloy-Filmen, die auf gekrümmten Oberflächen von kugelförmigen SiOx-Partikeln abgeschieden wurden. Über diesen Effekt wurde bisher in der Fachliteratur noch nicht berichtet. Dieser Mangel an grundlegendem Wissen im Magnetismus hat uns dazu angeregt, eine mikromagnetische Theorie des Mikromagnetismus an gekrümmten Oberflächen zu entwickeln, die lokale und nichtlokale Effekte berücksichtigt. Physikalisch gesehen hat uns diese Theorie dabei geholfen, einen neuartigen, nicht-lokalen, chiralen, die Symmetrie brechenden Effekt zu entdecken, der in planaren Magnetsystemen nicht existiert: Er ist im Wesentlichen nichtlokal und manifestiert sich sogar in statischen Spintexturen, die in krummlinigen magnetischen Nanohüllen existieren. Diese Ergebnisse trugen wesentlich zur Etablierung des neuen Forschungsgebietes "Mikromagnetismus auf gekrümmten Oberflächen" bei, das inzwischen weltweit von zahlreichen Gruppen aktiv erforscht wird. Die Ergebnisse des DFG-Projekts lieferten eine solide Grundlage für das Verständnis aktiver Soft-Materie-Systeme, wie lichtgetriebene Mikromotoren und deren Einsatz in mikrofluidischen Systemen für bioanalytische Zwecke sowie Krümmungseffekte in magnetischen geometrischgekrümmten Architekturen. Dieses Know-how führte zu neuen Ideen, die es den beteiligten Postdoktoranden und den Antragstellern des Projekts ermöglichten, Drittmittel von nationalen (DFG) und europäischen (RIA, ERC) Fördereinrichtungen zu akquirieren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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