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Fortbewegung unter instabilen Bedingungen bei Mäusen: ein translationales Projekt zur Stabilität und modularen Organisation
Antragsteller
Dr.-Ing. Alessandro Santuz
Fachliche Zuordnung
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung
Förderung von 2018 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 414705959
Alle Wirbeltiere werden täglich mit Instabilität konfrontiert: Gehen in einem fahrenden Zug oder das Verfolgen von Beute in der Tundra sind sehr unterschiedliche, aber ähnlich anspruchsvolle Aufgaben. Der Verlust von Propriozeption (Fähigkeit die Position der eigenen Körperteile zu erfassen) kann die Fortbewegung unter instabilen Bedingungen gravierend beeinflussen und ist ein Symptom von verschiedenen neurologischen und orthopädischen Erkrankungen. Jedoch ist wenig bekannt über die Rolle von Propriozeptoren bei der Feinabstimmung von Bewegung. Die genetische Entfernung von Propriozeptoren, zusammen mit zufälligen Bewegungsstörungen sind zwei Ansätze die uns dem Rätsel der Kontrolle der Fortbewegung näher bringen können. Mit Hilfe hochaktueller Ansätze sollen in diesem Projekt neue Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Fortbewegung und Propriozeption gewonnen werden.Dafür soll eine Gruppe adulter Mäuse auf einem speziellen Laufband laufen, mit dem plötzliche Störungen in der anteroposterioren (vorne/hinten) und mediolateralen (rechts/links) Richtung erzeugt werden können. Die Reaktion wird in Form von Elektromyographie (EMG, elektrische Aktivität der Muskeln) und Kinematik der Hinterbeine aufgezeichnet. Danach werden die gleichen Mäuse erneut vermessen, nachdem ihnen genetisch, selektiv Muskelspindeln (eine Art von Prpriozeptoren) entfernt wurden. In der translationalen Komponente des Projekts werden in Berlin, Deutschland, ähnliche Messungen an gesunden Menschen durchgeführt.Die überwältigende Anzahl von Muskeln und Gelenken im Körper der Wirbeltiere macht deutlich, wie komplex die Erzeugung und Kontrolle von Bewegungen ist. Die Theorie der Muskelsynergien besagt, dass Gruppen von funktionell verwandten Muskeln gemeinsamen aktiviert werden, anstatt jeden Muskel einzeln zu kontrollieren. Synergien sollen hier aus dem EMG extrahiert werden um die modulare Organisation der Bewegung zu untersuchen. Zusätzlich wird die dynamische Stabilität der Fortbewegung mit der maximalen Ljapunow-Exponenten abgeschätzt um die Stabilität des Systems im zeitlichen Verlauf zu analysieren.In meiner Doktorarbeit habe ich festgestellt, dass der Einsatz von Störungen der Bewegung beim Menschen zu einer Zunahme der “Robustheit” (Fähigkeit mit Fehlern umzugehen) führt. Dies zeigte sich durch längere und weniger präzise muskuläre Aktivierungsmuster. Der Grund dieser Zunahme ist nicht direkt offensichtlich und es ist unklar ob es einen Zusammenhang mit propriozeptivem Feedback gibt. Der Vergleich der modularen Organisation von Bewegung vor und nach der genetischen Entfernung von Muskelspindeln wird tiefe Einblicke in die Rolle der Propriozeption bei der Regulation der Fortbewegung ermöglichen. Die Hypothese hier ist, dass wild-typ Mäuse, genau wie gesunde Menschen, bei unerwarteten Störungen die Robustheit ihrer Fortbewegung erhöhen. Dies ist bei muskelspindel-defizienten Tieren wahrscheinlich sowohl bei gestörter als auch ungestörter Fortbewegung sichtbar.
DFG-Verfahren
Forschungsstipendien
Internationaler Bezug
Kanada
Gastgeber
Dr. Turgay Akay