Detailseite
Projekt Druckansicht

Turn-taking und Verständnissicherung beim Telefondolmetschen Deutsch-Arabisch.

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 415671574
 
Dolmetschen per Telefon ("Ferndolmetschen") ist im Rahmen der Zuwanderung aus dem arabischen Raum zu einer weit verbreiteten kommunikativen Praxis geworden. Die räumliche Verteilung von Geflüchteten im ländlichen Raum und die eingeschränkte Verfügbarkeit von geeigneten Dolmetschern erlauben oft kein Dolmetschen mit Kopräsenz von Dolmetschern und primären Gesprächspartnern. Zugleich sind die sprachlich-kommunikativen Anforderungen an das Gesprächsdolmetschen beim Ferndolmetschen weitgehend unerforscht. Dies betrifft etwa die Verteilung des Rederechts, für die in face-to-face-Interaktionen auch mimische und gestische Verfahren eingesetzt werden, sowie Verfahren der Verständnissicherung wie Nachfragen, Wiederholungen, Erläuterungen usw.Die Fragestellung des Projekts ist, wie die Beteiligten an telefonisch gedolmetschten Beratungsgesprächen die mangelnde visuelle Ko-Präsenz von Klienten, Beratern und Dolmetschern kompensieren und welche Formen der Verständnissicherung und Turn-Zuweisung aufgrund der besonderen Gesprächsbedingungen bevorzugt zum Einsatz kommen. Die Hypothese ist, dass bestimmte Strategien der Verständnissicherung und der Gesprächsorganisation besonders ausgeprägt sein sollten, wie etwa die Vermeidung der 1. Person Singular, das explizite Thematisieren übergaberelevanter Stellen und ein ausgeprägter Gebrauch metakommunikativer Kommentare durch die dolmetschende Person und andere Beteiligte.Forschungen zum nachzeitigen Gesprächsdolmetschen aus den letzten 30 Jahren zeigen, dass dolmetschende Personen in Gesprächen eine wichtige Rolle bei der Turnzuweisung und Rederechtsverteilung spielen und auch inhaltlich, etwa durch Nachfragen und Hinweise, gestaltend in die Gespräche eingreifen. Diese Koordinierungshandlungen basieren jedoch unter anderem auf der Nutzung verbaler und nonverbaler Ressourcen, die in Telefongesprächen mit mehreren Beteiligten nur eingeschränkt verfügbar sind, wie etwa Interjektionen und Hörersignale oder gestische und mimische „cues“. Im Rahmen des geplanten Projekts werden daher Aspekte des Sprecherwechsels und der Verständnissicherung anhand eines definierten Settings (Asylverfahrensberatung) untersucht. Basis der Untersuchung sind Audio- und Videoaufnahmen der per Telefon gedolmetschten Gespräche mit arabischen Klienten. Die aufgezeichneten Gespräche werden computergestützt transkribiert und mit gesprächsanalytischen Verfahren ausgewertet. Neben der zentralen Forschungsfrage ("Welche sprachlich-kommunikativen Verfahren nutzen dolmetschende Personen, um die mangelnde Kopräsenz mit den primären Gesprächspartnern zu kompensieren?") bearbeitet die Untersuchung auch methodologische Probleme der Transkription des gesprochenen Arabisch, dessen Verschriftlichung aufgrund der Linksläufigkeit der arabischen Schrift und der Tendenz zur Eliminierung dialektaler Variation beim Schriftgebrauch bisher ein ungelöstes Problem für gesprächsanalytische Verfahren darstellt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Großbritannien, Italien
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung