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Strukturierungsverfahren für mikro- und nanooptische Elemente in Lithiumniobat.

Antragsteller Dr. Ernst-Bernhard Kley
Fachliche Zuordnung Mikrosysteme
Förderung Förderung von 2007 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 41652290
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Während der 1. Förderperiode war es gelungen eine Technologie grundlegend zu entwickeln, welche mittels maskierter lonenbestrahlung und nachfolgendem nasschemischem Ätzen die Herstellung von dreidimensionalen, qualitativ hochwertigen Mikro- und Nanostrukturen in Lithiumniobat (LN) gestattet. An realen Strukturen, wie z.B. Rippenwellenleitern und photonischen Kristallen in freitragenden Membranen, wurden die großen Potentiale des Verfahrens gezeigt Ziel des Nachfolgeprojektes war die methodische Klärung wichtiger offener Fragestellungen, die die Universalität, Reproduzierbarkeit sowie die Praktikabilität der Methode einschränken. Mit den erzielten Ergebnissen wurde das IBEE-Verfahren (Ion Beam Enhanced Etching) als Standardtechnologie mit einer entsprechenden Prozesskette etabliert und spielt in laufenden und geplanten Projekten eine tragende Rolle. Notwendige Voraussetzung dafür waren die nachfolgend geschilderten Erkenntnisse. Mit dem entwickelten Simulationsprogramm können die optimalen Bestrahlungs- und Ätzbedingungen unter Berücksichtigung der realen Maskenform zur Realisierung einer Zielstruktur berechnet werden. Weitreichende neue Möglichkeiten ergeben sich aus der Implementierung der Zeitabhängigkeit der Strukturentwicklung während des Ätzprozesses. Dadurch wird die erforderliche Ätzzeit minimiert und die Freiheit bei der Realisierung gewünschter Strukturformen erheblich vergrößert. Wie geplant wurde ein Prinzipnachweis zur Verwendung freitragender Masken (stencil masks) erbracht. Noch nicht gelöste Probleme, wie Aufwölbung der Masken während der lonenbestrahlung, werden derzeit bearbeitet. Dies ermöglicht perspektivisch die wiederholte Anwendung des IBEE-Prozesses, ohne zeitaufwändige und fehleranfällige Lithographieprozesse anwenden zu müssen. Die mittels dieses Masterprinzips hergestellten Strukturen können nachfolgend lokal an gegebene Aufgabenstellungen angepasst werden. Dazu wurde die Strukturierung mittels Galonenfeinstrahl untersucht. Dieses Verfahren wurde, auch In LN, prinzipiell bereits erfolgreich angewendet, aber die Implantation der Ga-Ionen führte bisher dazu, dass die optischen Eigenschaften gegenüber dem unstrukturierten Bulkmaterial deutlich schlechter wurden. Im Projekt wurde gezeigt, dass die Ga-haltige Schicht mittels eines Ätzschrittes vergleichbar zu dem im IBEE-Verfahren (und damit mit diesem kombinierbar) vollständig entfernt werden kann. Anhand einer Photonischen-Kristallkavität wurde belegt, dass die optischen Eigenschaften erhalten bleiben. In den letzten Jahren wurden neuartige Schichtsubstrate, sogenanntes LNOI (lithium niobate on insulator), als Substratmaterial verfügbar und sind jetzt kommerziell erhältlich. Es wurde gezeigt, dass der IBEE-Prozess auch auf dieses Material anwendbar ist und sich damit einfach Strukturen mit großer Luftschicht zwischen Membran und Substrat herstellen lassen. Aufgrund der Isolatorschicht, die das evaneszente Überkoppeln des geführten Lichtes in das Substrat bereits gut unterbindet, ist es aber in der Regel nicht notwendig, die Membran freizustellen. Im Gegenteil begünstigt ein Verbleib der Schicht die Stabilität der Strukturen und verhindert bis zu einer gewissen Stärke der auftretenden Spannungen die Rissbildung. Konsequentenweise wurde ein Ätzprozess gesucht und entwickelt, der zwar das ionenbetrahlte LN ätzt, aber die SiOz-Schicht erhält. Resultat ist ein KOH-Ätzprozess, der dem für Bulk-LN aus der ersten Projektphase in nichts nachsteht. Die Realisierung tiefer Strukturen (Strukturtiefe > 1 pm) in LN durch den IBEE-Prozess ist durch die Bestrahlung mit Ionen mittlerer Masse und höherer Energie (lonenenergien > MeV) in einem einzigen Bestrahlungsschritt möglich. Aufgrund der Schädenbildung durch elektronische Energiedeponierung können homogene amorphe Schichten bis ungefähr zur Reichweite der Ionen realisiert werden, die durch nachfolgendes chemisches Ätzen selektiv entfernt werden können. Beispielsweise ergeben sich für die Bestrahlung mit 5 MeV Si- bzw. 10 MeV O-Ionen Strukturtiefen von 2.5 bzw. 4.5 pm. Aufgrund der Untersuchungen wurden neue Erkenntnisse zur Schädigung durch elektronische Energiedeponierung gewonnen, die Grundlage für die weitere Modellentwicklung geben. Insbesondere hängt die Defektformierung, im Gegensatz zur Defektbildung aufgrund nuklearer Energiedeponierung, sehr wenig oder gar nicht von der Bestrahlungstemperatur oder der kristallographischen Orientierung ab. Mit einem im Projekt etablierten Messverfahren wurde es erstmals ermöglicht, eine exakte quantitative und fluenzaufgelöste Charakterisierung der inneren Spannungen, die durch Dichteänderungen während des IBEE-Prozesses entstehen, vorzunehmen. Durch die Untersuchungen wurde ein grundlegend neuer Ansatz zur physikalischen Beschreibung der Defekt- und Spannungsbildung in LN unter lonenbestrahlung gefunden. Es wurde durch die Experimente gezeigt, dass entgegen der ursprünglichen Erwartung die Herabsetzung der Bestrahlungstemperatur aufgrund der niedrigeren Amorphisierungsfluenz geeignet ist, um mechanische Verspannungen schon während des Bestrahlungsvorgangs deutlich zu senken. Außerdem konnte die Verknüpfung von ionenstrahlinduzierten Spannungen und Kristalldefekten nachgewiesen werden. Damit ergibt sich allgemein für die Anwendung von lonenstrahlverfahren zur Strukturierung von LN ein weniger differenziertes Bild: Es ist nicht zielführend, Gitterdefekte und Verspannungen durch separate Lösungen zu vermeiden. Vielmehr konnte durch die Experimente gezeigt werden, dass zukünftige Fragestellungen eine Vermeidung von Kristalldefekten in verbleibenden Mikrostrukturen von vornherein anstreben sollten, da dies auch eine Verminderung der verbleibenden Spannungen und damit Strukturdeformationen oder Schädigungen erwarten lässt. Anwendung und Demonstration fanden die während der Projektlaufzeit erlangten Erkenntnisse bei Untersuchungen nichtlinearer optischer Effekte an photonischen Kristallen und an nanoskaligen Wellenleitern. Beide Systeme führen Licht in einem sehr kleinen Volumen, wodurch nichtlineare Konversionsprozesse mit hoher Effizienz möglich sind. Untersuchungsgegenstand waren sowohl Design und Herstellung geeigneter Strukturen, wie Photonischer Kristall Wl-Wellenleiter, L3-Resonator, Wellenleiter mit Breiten von 50...500 nm und Längen von 100 pm, als auch Entwicklung und Aufbau geeigneter optischer Messverfahren. Bestandteil wichtiger zukünftiger Arbeiten ist die weitere Optimierung des Strukturübertrags während der Bestrahlung. Im Wesentlichen sollen Experimente mit SiN-Membranen folgen, die über höhere Schichtspannungen verfügen und lokal verstärkt werden. Zukünftige Experimente zu mechanischen Verspannungen bei der Strukturierung sollten sich auf eine weitere Optimierung der Bestrahlungstemperatur und die verbleibenden Strukturierungsschritte konzentrieren, da Tempern ein entscheidendes Mittel zur Kontrolle der verbleibenden Defekte in strukturiertem LN bildet und damit der Einfluss auf die Verspannungsbildung von hohem physikalischen und anwendungsspezifischen Interesse ist Ein weiterer Aspekt ist die Kombination von IBEE mit anderen Strukturierungsverfahren, wie bspw. Wellenleiterherstellung (Ti-Diffusion, Protonenaustausch) oder periodischem Polen. Entsprechend der Thematik ergeben sich Verwertungsmöglichkeiten zunächst direkt dort, wo mikro- und nanostrukturiertes LN eingesetzt wird, das mit einfachen Verfahren nicht herstellbar ist. Nanostrukturiertes LN wird zur Miniaturisierung photonischer Bauelemente in Lab- On-Chip Anwendungen beitragen. Weiterentwicklungen wird es im Bereich der Multiphotonenwechselwirkung von nanostrukturiertem LN und Licht geben. Dieses interdisziplinäre Forschungsfeld vereint Physik, Materialwissenschaften, Chemie und Biologie. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Verwendung von nanostrukturiertem LN zur Verbesserung bildgebender Verfahren in der Biologie und der Optofluidik im linearen und nichtlinearen optischen Bereich. Zum experimentellen Nachweis von Quanteneffekten sind Untersuchungen zur Erzeugung verschränkter Photonenpaare in nanoskaligen nichtlinearen LN Wellenleitern bzw. auch photonischen Kristallwellenleitern durch spontaneous parametric down conversion notwendig.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • "Light propagation in a free-standing lithium niobate photonic crystal waveguide," Appl. Phys. Lett., vol. 97, no. 13, p. 131109, 2010
    R. Geiss, S. Diziain, R. lliew, C. Etrich, H. Härtung, N. Janunts, F. Schrempel, F. Lederer, T. Pertsch, and E.-B. Kley
  • "Mode analysis of photonic crystal L3 cavities in self-suspended lithium niobate membranes," Appl. Phys. Lett., vol. 103, no. 25, p. 251101, Dec. 2013
    S. Diziain, R. Geiss, M. Zilk, F. Schrempel, E.-B. Kley, A. Tünnermann, and T. Pertsch
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1063/1.4851115)
  • "Second harmonic generation in free-standing lithium niobate photonic crystal L3 cavity," Appl. Phys. Lett., vol. 103, no. 5, p. 51117, 2013
    S. Diziain, R. Geiss, M. Zilk, F. Schrempel, E.-B. Kley, A. Tünnermann, and T. Pertsch
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1063/1.4817507)
  • "Second-harmonic generation in lithium niobate nanowires for local fluorescence excitation," Opt. Express, vol. 21, no. 16, pp. 19012-19021, Aug. 2013
    A. Sergeyev, R. Geiss, A. S. Solntsev, A. Steinbrück, F. Schrempel, E.-B. Kley, T. Pertsch, and R. Grange
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1364/OE.21.019012)
  • "Ion-beam induced thin film stress in lithium niobate", J. Phys. D: Appl. Phys. 47 (2014) 265302
    E. Schmidt, T. Steinbach, W. Wesch
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1088/0022-3727/47/26/265302)
  • "Photonic crystals in lithium niobate by combining focussed ion beam writing and ion-beam enhanced etching," Phys. status solidi, Jun. 2014
    R. Geiss, S. Diziain, M. Steinert, F. Schrempel, E.-B. Kley, A. Tünnermann, and T. Pertsch
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/pssa.201431328)
  • "Photonic microstructures in lithium niobate by potassium hydroxide-assisted ion beam-enhanced etching". Journal of Vacuum Science & Technology B 33, 010601 (2015)
    R. Geiss, J. Brandt, H. Härtung, A. Tünnermann, T. Pertsch, E.-B. Kley, F. Schrempel
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1116/1.4902087)
 
 

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