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Indische Alben der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zwischen Tradition und Dokumentation: Die Polier- und Swinton-Alben in den Staatlichen Museen zu Berlin

Antragstellerin Dr. Friederike Weis
Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung seit 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 416816602
 
Traditionell wurden Alben mit Miniaturen und Kalligraphien (Muraqqaʿs) im persischen Kulturraum in höfischen Werkstätten hergestellt, so auch im indischen Mogulreich. Als jedoch die imperiale mogulische Buchproduktion um die Mitte des 18. Jahrhunderts aufgrund politischer Umbrüche stark zurückging, begannen viele Bedienstete der europäischen Kolonialmächte selbst Alben zu sammeln oder sie bei einheimischen Künstlern in Auftrag zu geben. In den Museen für Asiatische und Islamische Kunst in Berlin befinden sich zwanzig solcher Alben, von denen zehn Antoine-Louis Henri Polier (1741–95) und acht Archibald Swinton (1731–1804) gehörten, die beide Offiziere der Britischen Ostindien-Kompanie waren.Die Forschung konzentrierte sich bisher vor allem auf die stilistische und ikonographische Einordnung einzelner Bilder statt diese Alben als Gesamtkunstwerke zu untersuchen. Das Projekt analysiert die Berliner Alben daher in ihrer Gesamtheit im Vergleich mit weiteren zwischen ca. 1760 und 1790 kompilierten indischen Muraqqaʿs aus anderen Sammlungen, die entweder für Europäer oder für indische Eliten in den mogulischen Provinzen gefertigt wurden. Dazu zählen auch acht weitere Polier-Alben sowie mehrere aus Alben gelöste Blätter aus Swintons Besitz. Anhand von Besitzervermerken, Siegeln, Inschriften, Einbänden und charakteristischen dekorativen Rahmungen sind die Provenienzen der Alben und einzelner Blätter aus früheren Alben zu klären. Durch die vergleichende Analyse werden nicht nur die Netzwerke des Austauschs von Sammlern und Künstlern herausgearbeitet, sondern auch bestimmte Vorlieben europäischer und indischer Auftraggeber aufgezeigt. Dies führt zu der Frage welche Zwecke Polier, Swinton, und andere Europäer wie Jean-Baptiste Joseph Gentil (1726–99), Sir Elijah Impey (1732–1809) und Richard Johnson (1753–1807) mit ihren indischen Muraqqaʿs verbanden. Betrachteten sie sie als angeeignetes „kulturelles Kapital“, um in Indien ihre soziale Stellung zu festigen, als private Erinnerungsstücke nach ihrer Rückkehr oder als für indologische Studien nutzbare „ethnographische“ Dokumente? Um dies zu klären sind drei methodische Schritte vorgesehen: erstens die umfassende Untersuchung der Muraqqaʿs der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vor dem Hintergrund der mogulischen Albumtradition, wobei innovative interne Ordnungsstrukturen und häufig wiederholte Motive und Kalligraphien herausgearbeitet werden sollen; zweitens die Erfassung von dokumentarischen, ethnographischen und exotistischen Besonderheiten, die sich auch in den Bildbetitelungen zeigen, und drittens das Heranziehen von zeitgenössischen Textquellen, die über das Indienbild, die Beziehungen und Ziele Poliers, Swintons und anderer europäischer Sammler Auskunft geben.Das Forschungsvorhaben soll die Alben von Polier und Swinton somit zwischen den Polen zeitgenössischer Dokumentation und mogulischer künstlerischer Konventionen sowohl aus europäisch-kolonialer als auch aus indischer Perspektive verorten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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