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Mythische Literaturwerke der altbabylonischen Zeit als wissenspraktische Artefakte – sowie die Frage nach einer „Philosophy before the Greeks“

Fachliche Zuordnung Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung Förderung seit 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 416865429
 
Zum einen berichten mesopotamische gelehrte Texte nur Spezifisches (bspw. spezifische Omen oder Rechtssätze) und explizieren fast nie allgemeine Konzepte. Dies gilt insbesondere für die mythische Literatur (d.i. Hymnen, Epen), die v.a. von einzelnen vergangenen Ereignissen erzählt. Zum anderen gibt es aber Hinweise darauf, dass allgemeine Regeln und Prinzipien bekannt waren und angewendet wurden. Diesen scheinbaren Widerspruch zwischen Quellenmaterial und vermutlichen Wissenspraktiken gilt es aufzulösen.Dementsprechend zielt das Projekt darauf, die Frage zu beantworten, ob und wie Mesopotamier Wissen über generische Sachverhalte kommunizierten. Hierfür wird geprüft, ob die Einzelfälle potentielle Anwendungsfälle allgemeiner Regeln darstellen, die so exemplifiziert würden. Das Projekt fokussiert die (sumerische und akkadische) mythische Literatur der altbabylonischen Zeit, da diese Textgruppe als zentrales Element des stream of tradition eine entscheidende Quelle für antike Konzepte darstellt. Zudem treten die zugrundeliegenden intellektuellen Prozesse in dieser Epoche besonders gut zutage, da traditionelle Wissenspraktiken auf neue Kontexte angewendet wurden.Die Emmy-Noether-Gruppe besteht aus drei Teilprojekten. Das Hauptprojekt untersucht, welche Ideen über die conditio humana sich in den Gilgameš-Erzählungen der altbabylonischen Zeit finden und wie sie kommuniziert wurden. Hierfür analysiert der Gruppenleiter zunächst die Ideen in fünf Kerntexten, wobei er die graphemische, die lexematische und die stoffliche Ebene in den Blick nimmt. Daran schließt sich die Auswertung der Ergebnisse unter Berücksichtigung intertextueller Referenzen zu weiteren Werken an.Das erste Promotionsprojekt untersucht die Verwendung listenartiger Elemente (bspw. Aufzählungen) in literarischen Werken. Wo und warum findet diese Textsorte Anwendung? Wie betten sich die entsprechenden Texte hierdurch in die lexikalische Tradition ein? Das zweite Promotionsprojekt erforscht, wo und wie explizite konditionale Sätze im literarischen Corpus verwendet werden. Wie verbinden sich diese Konditionale mit denen in divinatorischen und/oder rechtlichen Textartefakten? Nachdem das gesamte literarische Corpus (mittels ETCSL und SEAL) gescannt wurde, analysiert jede/r Promovierende einen oder zwei ausgewählten Einzeltexte. Die Daten aller Teilprojekte werden in einer Projektdatenbank gesammelt, die nicht nur die gemeinsame Auswertung der Ergebnisse ermöglicht, sondern auch für zukünftige Forschungen allgemein zugänglich gemacht werden soll.Schließlich widmet sich das Hauptprojekt der Frage, ob die identifizierten Wissenspraktiken unter einem Philosophiebegriff subsumiert werden können und dadurch eine „Philosophy before the Greeks“ (Van De Mieroop 2016) darstellen. Auf diese Weise knüpft die Projektgruppe an aktuellste altorientalistische Forschung an und zielt zugleich darauf, einen transdisziplinären Diskurs über den Status mesopotamischer Wissenspraktiken anzuregen.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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