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Zu den Gründen irrationaler Nichteinigungen in Verhandlungen

Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 417058044
 
Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten wurden kürzlich abrupt abgebrochen. Als der frühere deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im August 2016 öffentlich zum Verhandlungsfortschritt befragt wurde, antwortete er: „Ich glaube, dass die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten de facto gescheitert sind, obwohl keiner das so richtig zugeben will. Sie hatten 14 Verhandlungstermine zu 27 Kapiteln und haben es nicht geschafft, sich auf nur einen gemeinsamen Text für ein einziges Kapitel zu einigen.“ Die Verhandlungen hatten im Juli 2013 begonnen und sind bis heute nicht abgeschlossen. Ob sie wiederaufgenommen werden oder nicht, ist noch unklar. Sie sind nur ein prominentes Beispiel für eine Nichteinigung in Verhandlungen aus der jüngeren Vergangenheit. Andere Beispiele finden sich in ökonomischen (z. B. Pattsituationen in Tarifverhandlungen, s. The Guardian, 2018) oder Verwaltungskontexten (z. B. fehlgeschlagene Versuche, friedliche Lösungen mit Geiselnehmern zu finden, s. Villamor, 2017). Sie zeigen, dass Nichteinigungen in Verhandlungen schwerwiegende negative Konsequenzen für Individuen, Organisationen und sogar ganze Gesellschaften haben können. Diese Feststellung löst zwei wichtige, aber noch unbeantwortete Fragen aus: Warum kommt es zu Nichteinigungen in Verhandlungen? Und welche Faktoren tragen dazu bei, dass Nichteinigungen verhindert werden können? Während die Verhandlungsforschung gründlich untersucht hat, welche Faktoren die Qualität von Einigungen maximieren, hat weniger Forschung untersucht, was genau getan werden muss, um zunächst überhaupt eine Einigung sicherzustellen. Diese Forschung hat zwar Einsichten in die Antezedenzbedingungen von Nichteinigungen gewährt, aber der Prozess, der zu Nichteinigungen führt, und auch die Moderatoren dieses Prozesses sind noch nicht verstanden.Das aktuelle Forschungsprojekt soll deswegen diesen Prozess genauso untersuchen wie die konkreten Verhaltensweisen, die ihn auslösen, und die Randbedingungen, unter denen er sich entfaltet, und sich auf einen kürzlich entwickelten theoretischen Ansatz stützen (Mertes & Hüffmeier, in Vorbereitung). In den ersten zwei experimentellen Studien werde ich die Auswirkungen von zwei kritischen Arten von Verhalten (distributives Verhandlungsverhalten und inadäquates Sozialverhalten) auf die Wahrscheinlichkeit von Nichteinigungen sowie zwei postulierte Mediatoren dieser Effekte untersuchen. In den beiden anschließenden Studien werde ich zwei mögliche Moderatoren dieser Mediationen untersuchen. Dadurch trägt dieses Forschungsprojekt zum theoretischen Verständnis bei, wie es zu Nichteinigungen als einem von zwei Ergebnissen in Verhandlungen (d. h., Nichteinigung vs. Einigung) kommt. Das Projekt hat auch Anwendungspotenzial, weil die Untersuchung von Moderatoren Strategien identifizieren kann, die Verhandler nutzen können, um Nichteinigungen und ihre kostspieligen Konsequenzen zu verhindern.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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