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Moralische Ökonomie und kirchliches Amt. Simoniediskurse im frühen Mittelalter (600-1050)

Antragstellerin Dr. Lioba Geis
Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2018 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 417677359
 
Das Projekt widmet sich frühmittelalterlichen Simoniediskursen im Frankenreich mit seinen Nachfolgereichen und in Italien. Simonie wird hierbei als Geldzahlung, Geldannahme oder allgemeiner als Gabe im Sinne einer intentionalen materiellen Beeinflussung einer konkreten klerikalen Amtshandlung verstanden. Ziel des Projektes ist es, die zeitgenössische Wahrnehmung, Deutung und Bewältigung simonistischer Handlungen mithilfe einer breiten Quellenbasis (kirchliches und weltliches Recht, Briefe, hagiographische und historiographische Zeugnisse, theologische Literatur, Gedichte) und auf Basis eines umfangreichen methodischen Zugriffs (Diskursanalyse, historische Korruptionsforschung, Überlegungen zu Wahrnehmung, Vorstellung und sozialem Wissen, Ansätze zur moralischen Ökonomie und zur Gabentauschpraxis) mehrdimensional zu untersuchen. Grundlegend ist hierbei eine Auswertung der divergierenden terminologischen Umschreibungen, die in den Quellen für simonistische Handlungen verwendet werden. Sie ermöglicht nicht nur, den damaligen Sprachgebrauch zu reflektieren, sondern auch die konkreten Kontexte, in denen simonistische Akte von den Zeitgenossen vermutet bzw. vermeintlich oder tatsächlich begangen wurden, zu ermitteln. Die an Simonie beteiligten Personen, ihre je eigene Motivation und der Grad ihrer Selbstreflexion werden dabei ebenso untersucht wie die /Bewertung der entsprechenden Handlungen durch die nicht aktiv involvierten Zeitgenossen. Auf diese Weise lässt sich prüfen, in welchen Fällen Simonie als ein inkriminierender Tatbestand oder als ein gesellschaftlich anerkanntes Verhalten verstanden wurde. Eine Analyse der in den Quellen zu greifenden Wechselbeziehungen zwischen Simonie und weiteren, von der Forschung unter dem Sammelbegriff Korruption gefassten Formen ermöglicht darüber hinaus, neue Perspektiven auf die Thematik zu werfen und die zeitgenössischen Simoniediskurse methodisch ganzheitlicher als in der bisherigen Forschung zu analysieren. Besonderes Augenmerk richtet das Projekt auf die Simoniediskurse in kirchlichen und weltlichen Rechtstexten, wenn nicht nur die normativen Aussagen über Simonie betrachtet werden, sondern auch der Stellenwert dieses Phänomens innerhalb der Rechtssammlungen in den Blick genommen wird, um das Problembewusstsein, das die Rechtstexte über Simonie zu erkennen geben, aufzuzeigen. Schließlich wird untersucht, in welcher Form und Intensität das frühmittelalterliche Nachdenken über Simonie die damaligen Bemühungen um eine Kirchen- und Gesellschaftsreform sowie das zeitgenössische klerikale Amtsverständnis beeinflusste und veränderte. Das Projekt schließt damit eine Forschungslücke innerhalb der Mediävistik und erweist sich aufgrund der inhaltlichen wie methodischen Neuausrichtung des Themas als hochgradig anschlussfähig an aktuelle Forschungsfelder.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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