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Lokale Selbstorganisierung, urbane Zivilgesellschaft und kirchliche Geltungsansprüche: Alexandreia und Antiocheia im Römischen Reich
Antragsteller
Professor Dr. Rene Pfeilschifter
Fachliche Zuordnung
Alte Geschichte
Förderung
Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 391467173
Das Teilprojekt widmet sich selbstregelnden Gruppen in zwei Großstädten des Römischen Kaiserreichs (1.-7. Jahrhundert n. Chr.). Im ägyptischen Alexandreia und im syrischen Antiocheia lassen sich dynamische Stadtgemeinschaften fassen, deren nicht vom Staat regulierte Segmente am präzisesten als urbane Zivilgesellschaft zu konzeptionieren sind. Nicht vom staatlichen Regiment, sondern vom Funktionieren der Zivilgesellschaft, so die These dieses Teilprojekts, hing die Qualität der lokalen Ordnungsarrangements entscheidend ab. Die sozioräumlichen Liminierungsprozesse zwischen den selbstregelnden Gruppen und deren innere Kohärenzbildung in Binnenorganisation, Normativität und kollektiver Identität werden in ihren Verlaufsprozessen über mehrere Jahrhunderte hinweg verfolgt. Die entscheidende Kontextbedingung stellten dabei die Beziehungen sowohl zur zentralstaatlichen, zumeist im Statthalter repräsentierten Ebene als auch zur städtischen Verwaltung dar, die vor allem in Stadtrat und lokalen Amtsträgern zu greifen ist. Diese kommunale Organisation ist zu Beginn der Kaiserzeit vielleicht noch als selbstregelnd, also als autonom zu bezeichnen, sie wurde im Zuge der zunehmenden Regulierung durch das Römische Reich aber zur untersten staatlichen Ebene, ohne alle selbstregelnden Elemente zu verlieren. Es ist eines der Anliegen des Teilprojekts, zum besseren Verständnis solcher, nicht einfach zu klassifizierender soziopolitischer Formationen beizutragen.Die beiden Fallstudien setzen mit einer Bestandsaufnahme der Verhältnisse im gutbezeugten vierten Jahrhundert an und arbeiten in historischen Längsschnitten sowohl nach hinten, in die frühere Kaiserzeit, als auch nach vorne, in die Spätantike. Unter den diversen Vereinen, Kollegien und Nachbarschaftsorganisationen sind am besten die jüdischen und die christlichen Gemeinden dokumentiert. Letztere wurden im Zuge der Christianisierung der Mittelmeerwelt die dominierende lokale Gruppe, denn sie machten anscheinend die überzeugendsten Angebote in Identitätsstiftung und funktionaler Leistungsfähigkeit ihrer Selbstregelungen. Die Verdrängung anderer Formationen, insbesondere der jüdischen Gemeinde, führte nicht per se zu einer Destabilisierung der lokalen Ordnungsarrangements. Doch die hohe normative Aufladung der Organisation Kirche musste, so die zeitgenössische Auffassung, in ihrer spezifischen Ausgestaltung (Dogma) mit der überlokalen Gesamtkirche und vor allem dem christlichen Staat exakt harmonieren. Dies führte zu in ihrer Heftigkeit neuartigen staatlichen Interventionen, mit welchen der Kaiser seinen Regulierungsanspruch durchzusetzen suchte. Auch diesen noch unvollständig verstandenen Angriffen auf die lokalen Selbstregelungskapazitäten, welche die Zivilgesellschaft im Ganzen beeinträchtigten, gilt das Interesse des Teilprojekts.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
Teilprojekt zu
FOR 2757:
Lokale Selbstregelungen im Kontext schwacher Staatlichkeit in Antike und Moderne
Internationaler Bezug
Kanada
Kooperationspartner
Professor Dr. Hans Beck