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Urbane Schattenräume im postkolonialen Staat: Selbstorganisierung von Land- und Wasserressourcen in der städtischen Peripherie von Maputo (Mosambik)
Antragsteller
Professor Dr. Eberhard Rothfuß
Fachliche Zuordnung
Humangeographie
Förderung
Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 391467173
Mosambik befindet sich seit 1992 in einem tiefgreifenden Transformationsprozess von einem vormals sozialistischen zu einem demokratisch verfassten Nationalstaat, der zunehmend auch neopatrimoniale Züge annimmt. Der Einfluss von FRELIMO-geführten Gewerkschaften und Kooperativen schwindet und wird durch Aktivitäten zivilgesellschaftlicher Akteure ergänzt, die oft von NGOs unterstützt werden. Die Hauptstadt Maputo mit ihren bevölkerungsreichen Außenbezirken spielt in dem gesellschaftspolitischen Transformationsprozess eine wichtige Rolle. Die periurbanen Räume führen in vielen Lebensbereichen – zur Sicherung der materiellen und auch soziokulturellen Grundlagen – ein selbstorganisiertes Schattendasein. Sie können als Laboratorium begriffen werden, in dem sich eine demokratische Transition ‚von unten‘ und vom gesellschaftlichen ‚Rand‘ her vollzieht und sich Entwicklungsprozesse in Wechselwirkung von customary authorities und (nicht-)staatlichen Akteuren zu einer spezifisch zivilgesellschaftlich dominierten Governance-Konstellation verschränken. Es offenbart sich hier eine Ambivalenz: Einerseits existiert ein Mangel staatlichen Willens und/oder der Möglichkeit, städtische Infrastrukturen für alle Bewohner*innen zu gewähren, andererseits gehen damit aber Gestaltungsoptionen und Autonomiegewinne randständischer Bevölkerungsgruppen einher. Das Teilprojekt zielt empirisch auf zwei selbstregelnde Akteursgruppen in den Stadtranddistrikten KaMabukwana und Katembe und fragt nach ihrer kollektiven Logik der Praxis als informelle ‚Dienstleister‘ der Wasserbereitstellung einerseits und der Nahrungsmittelproduktion in Gemeinschaftsgärten andererseits. Es werden hier zwei wichtige Praxisformen von ressourcenbasierten und gemeinwohlorientierten urban commons in den Blick genommen, die nach wie vor konstitutiv für viele afrikanische Stadtwelten sind. Die selbstregelnden Gruppen sind durch ihre existentiellen Praktiken eng in den sozialen Raum ihrer jeweiligen Nachbarschaft eingebettet. Die übergreifenden Forschungsfragen sind: Untergräbt oder verstärkt die Selbstorganisierung hinsichtlich dieser beiden basalen Dienstleistungen die Autorität staatlicher Institutionen bei der Bereitstellung der öffentlichen Güter/Dienstleistungen in der urbanen Peripherie? Etabliert lokale Selbstorganisierung einen Weg zur effizienten Bereitstellung dieser Dienste? Das Teilprojekt verwendet konzeptionell den Governance- und akteurzentrierten Institutionenansatz des ‚Schattens der Hierarchie‘ und versteht die Entwicklungen auf der Praxisebene als Social Entrepreneurship. Dieses Konzept bezeichnet innovative bottom-up-Strategien zur Milderung sozialer Problemlagen wie Armut und Exklusion, in denen Solidaritätsprinzipien konstitutiv sind.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
Teilprojekt zu
FOR 2757:
Lokale Selbstregelungen im Kontext schwacher Staatlichkeit in Antike und Moderne
Internationaler Bezug
Schweiz
Kooperationspartner
Professor Dr. Olivier Graefe