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Stimulus-Reaktions-Bindungen und ihre Beziehung sozialem Lernen
Antragstellerin
Professorin Dr. Carina Giesen
Fachliche Zuordnung
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung
Förderung seit 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 393269228
Das vorliegende Projekt untersucht, inwiefern kurzfristige Stimulus-Reaktions- Bindungen (SRB) als kognitive Basis von Beobachtungslerneffekten angesehen werden können. Neuere Forschung zeigt, dass die bloße Beobachtung einer Reaktion zum Aufbau einer kurzfristigen SRB ausreicht. Beobachtete Reaktionen können durch Stimuluswiederholung aus dem Gedächtnis abgerufen und für die eigene Handlungssteuerung genutzt werden. Die durch Beobachtung erworbenen SRB erinnern an Phänomene des Sozialen Lernens/Lernen am Modell (Bandura, 1986). Ähnlich zum Beobachtungslernen erfolgt der Gedächtnisabruf beobachtungsbasierter SRB nur dann, wenn (a) die Reaktion an sozial relevanten anderen Personen beobachtet wurde (z.B. bei Kooperation/Wettstreit; chronischer Interdependenz, positivem stellvertretenden Feedback, Beseeltheitsannahmen, Giesen et al., 2014, 2016, 2018, 2021).Eine Reihe weiterer Arbeiten legt nahe, dass sich durch SRB Prinzipien eine Reihe sozialer Phänomene erklären lassen (wie etwa Einstellungsbildung, Vertrauen, Konformität, etc.), die darauf zurück zu führen sind, dass die mentale Repräsentation des Selbst sowie des Anderen merkmalsbasiert erfolgt (Hommel & Stevenson, 2018; Hommel & Colzato, 2015; Kim & Hommel, 2015; Hommel, 2018).Dieese Befunde sprechen für eine struktuelle Ähnlichkeit zwischen beobachtungsbasierten SRB und Phänomenen des Sozialen Lernens. Diese Einsicht ist von zentraler Bedeutung, weil sich dadurch gezielt Schwachstellen beider Forschungsansätze auflösen lassen: Während sich die Soziale Lerntheorie bisher hauptsächlich mit Makroprozessen beschäftigt, die beim Lernen am Modell beteiligt sind (z.B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Handlungsreproduktion, Motivation; Bandura, 1986), ist unterspezifiziert, wie beobachtete Handlungen aus kognitiver Sicht für die Steuerung der eigenen Handlungsregulation genutzt werden. Das Binding and Retrieval in Action Control (BRAC) Rahmenmodell (Frings et al., 2020) kann diese Schwachstelle kompensieren, weil es sich mit den kognitiven Mikroprozessen beschäftigt, die bei der Handlungsplanung und -automatisierung beteiligt sind; allerdings ignoriert es bisher den Einfluss sozialen Lernens durch Beobachtung. Das vorliegende Projekt hat das Ziel, die Lücken zwischen beiden Ansätzen zu schließen und beide Forschungstraditionen zu fusionieren. Dadurch wird eine grundlegende Neuformulierung des Sozialen Lernens aus sozial-kognitiver Sicht durch Zurückführung auf Speicherung und Abruf kurzfristiger SRB möglich werden.Das Projekt trägt damit zu zwei übergeordneten Zielen der gesamten Forschergruppe bei: (I) Werden zentrale Konzepte des BRAC Modells spezifiziert und das methodologische Arsenal erweitert. (II) Wird das BRAC Modell als Ganzes in das Feld der Sozialen Lernforschung transferiert, um Lernphänomene in dyadischen Interaktionen von Angesicht zu Angesicht und auch in online Interaktionen zu erklären, was eine tiefgreifende Erweiterung des Gültigkeitsrahmens des BRAC Modells darstellt.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
Mitverantwortliche
Professor Dr. Bernhard Hommel; Professor Dr. Klaus Rothermund