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Stadtbild und Mikroregion. Archäologische Stadtforschung am Beispiel der antiken Stadt Atarneus (Provinz Izmir, Türkei)

Antragsteller Dr. Julian Schreyer
Fachliche Zuordnung Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung Förderung von 2018 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 418939096
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Antragsgemäß konzentrierte sich die Arbeit im Berichtszeitraum auf die drei Arbeitseinheiten a) Abschluss der Aufarbeitung des architektonischen Befundes und Klärung der Besiedlungslaufzeit ausweislich Keramik, Numismatik und Schriftquellen; b) Klärung von Struktur und Entwicklung des Stadtbildes in Befestigungssystem und innerstädtischer Physiognomie; sowie c) Positionierung des Stadtbildes im räumlichen Konnex der Mikroregion. Die vorläufigen Ergebnisse sind wie folgt zusammenzufassen: Die Quellengattungen Keramik, Numismatik und Schriftzeugnisse bezeugen für Atarneus eine Siedlungstätigkeit ab der späten Bronzezeit sowie einen Deurbanisierungsprozess ab dem 2. Jh. v. Chr., der im 1. Jh. n. Chr. abgeschlossen gewesen sein dürfte. Zum gegenwärtigen Bearbeitungsstand wird auf Basis relativchronologischer Beobachtungen, verwendeter Mauerwerkstechniken und fortifikatorischer Konzepte ein Zweiphasenmodell favorisiert, in dessen Rahmen das gesicherte Stadtgebiet auf den vergleichsweise flachen Westhang von Atarneus ausgedehnt wurde. Für die Stadterweiterung ist momentan sowohl eine relativ frühe Datierung noch im 4. Jh. v. Chr. ebenso in Betracht zu ziehen wie eine Spätdatierung zu Beginn des 2. Jh. v. Chr. Die innerstädtische Physiognomie von Atarneus entwickelte sich nach folgenden Ordnungsprinzipien: Wo nicht die natürliche Geländemorphologie genutzt wird, kommt in kleineren Zonen teils eine Orientierung nach den Himmelsrichtungen zum Einsatz, die mit einer relativ späten Nachverdichtung in vergleichsweise flachen Hanglagen begründet scheint, teils eine Drehung gegen die Höhenlinien um rund 45°, durch die womöglich bevorzugte quadratische statt längsrechteckiger Hausterrassen erzielt werden sollten. Monumentale Bauwerke sind in Atarneus nur sporadisch nachweisbar. Potenzielle öffentliche Räume sind auf einem Spektrum von Hangterrassierungen zu vermuten, die teils natürlich, teils architektonisch akzentuiert, teils gänzlich künstlich angelegt wurden. Letztere sind mehrfach mithilfe charakteristischer, eng gesetzter Kammerfundamente ausgeführt. Diese finden sich sowohl innerhalb des Stadtgebietes als auch direkt stadtseitig eines Diateichismas und dürften daher unterschiedliche Funktionen – zivile und militärische – besessen haben. Zur Verschränkung der städtebaulichen Entwicklung und Deurbanisierung von Atarneus mit der v. a. mikroregionalen Umgebung der Stadt sind vorläufig zwei unterschiedliche Szenarios in Betracht zu ziehen, bevor es zu einer abschließenden Gewichtung von Wahrscheinlichkeiten kommen kann: Im Falle einer vergleichsweise frühen Stadterweiterung womöglich noch im 4. Jh. v. Chr. wäre Atarneus anschließend in den Sog der wachsenden Attraktivität der Nachbarstadt Pergamon geraten und aus diesem Grund letztlich wohl aufgegeben worden. Hingegen wäre bei einer späteren Datierung der Erweiterung am Ende des 3. oder Anfang des 2. Jh. v. Chr. spezifischer die Option eines Ausbaus als Garnisonsstadt im Rahmen des pergamenischen Sicherheitskonzeptes in Betracht zu ziehen. Diese monofunktionale Neuausrichtung des mikroregionalen Stellenwerts von Atarneus würde zugleich auch die schnelle Siedlungsaufgabe nach Integration Pergamons ins römische Reich erklären.

 
 

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