Im Fokus zwischen Mathematik und Physik. Die geschichtliche Entwicklung der Kaustik vom 17. bis 20. Jahrhundert
Mathematik
Optik, Quantenoptik und Physik der Atome, Moleküle und Plasmen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt gibt einen historischen Überblick über die Erforschung des Phänomens und der Geometrie von Kaustiken. Kaustiken sind besonders helle Lichteffekte, die durch Reflexion oder Brechung entstehen. Wenn Lichtstrahlen der Sonne von der inneren konkaven Seite eines zylindrischen Bechers reflektiert werden, wird auf dem Boden des Bechers eine helle sogenannte Umkehrkurve sichtbar, mit einem noch helleren Punkt, an dem sich die beiden Zweige treffen, der sogenannten Singularität. Das helle Licht entsteht dort durch das Zusammentreffen vieler reflektierter Lichtstrahlen. Mathematisch gesehen ist die Kaustik hier die Fläche, die alle reflektierten Strahlen umhüllt, und die helle Kurve, die wir sehen, ist ein Schnitt dieser Fläche durch eine horizontale Ebene. Kaustiken sind also eine mathematische Verallgemeinerung des Begriffs eines Brennpunkts, wie er bei Linsen oder Brennspiegeln eine zentrale Rolle spielt. Es handelt sich um einen Kernbegriff der geometrischen Optik, einer wissenschaftlichen Disziplin an der Schnittstelle zwischen Mathematik und Physik. Aber als besondere Lichtphänomene, die mit Spiegeln und Linsen in Verbindung gebracht werden, haben Kaustiken auch in der Geschichte der Technik und der Künste eine interessante Bedeutung. Eine epochenübergreifende Geschichte der Kaustik zeichnet Vorläuferlinien der Entwicklung in der geometrischen Optik, in der empirischen Untersuchung von Lichtphänomenen, in der technologischen Entwicklung transparenter und reflektierender Materialien sowie in der Wissensvermittlung nach, die in einem Begriff der Kaustik gipfeln. Im 17. Jahrhundert wird der Begriff der Kaustik in verschiedenen Zusammenhängen von vielen Autoren explizit und transparent diskutiert. Seine mathematischen Behandlungen spiegeln insbesondere die Auswirkungen der Erfindung der Differential- und Integralrechnung wider. Nach einer Phase relativer Stagnation im 18. Jahrhundert wird die mathematische Untersuchung der Kaustik im 19. Jahrhundert im Kontext algebraischer Flächen, der Wellentheorie des Lichts und verallgemeinerter Theorien von Strahlensystemen wiederbelebt. Das 20. Jahrhundert erlebt einen Wandel dieser früheren Konzepte, wiederum in anderen Kontexten, wie der Astrophysik, der Katastrophentheorie sowie der Entwicklung und Anwendung von Computer-Rendering- und Raytracing-Software. Die Studie nutzt moderne Werkzeuge wie dynamische Geometriesoftware, die Simulation von Lichteffekten mithilfe moderner Rendering-Software und die Nachbildung optischer Experimente, neben der Analyse veröffentlichter und unveröffentlichter Primärquellen, um die historische Entwicklung in ihren mathematischen, technologischen und erkenntnistheoretischen Implikationen zu untersuchen.
