Kriegsschadensaufnahme des Zweiten Weltkriegs als Heritage-Making Moment
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Zwischen dem Luftkrieg und dem Wiederaufbau der Wirtschaftswunderzeit liegt die Umbruchszeit der Trümmerjahre, deren Erinnerung trotz jüngerer Forschungen weiterhin von zahlreichen Mythen geprägt ist. Schon vor Jahrzehnten wurde belegt, dass es bei der Wiederaufbauplanung keine „Stunde Null“ gab, jedoch waren die Anfänge der Planung und vor allem die Schadensaufnahmen, auf welchen diese Planungen beruhten, bisher weitgehend unerforscht. Ob und wie genau die zunehmenden Beschädigungen die Wiederaufbauplanungen lenkten und wie genau bestimmt wurde, ob ein Haus als „zerstört“ oder noch als „wiederaufbaufähig“ galt, konnte bisher nur für einzelne Gebäude beantwortet werden, nicht jedoch für größere, zusammenhängende Stadtbereiche. Das Forschungsprojekt „Kriegsschadensaufnahme des Zweiten Weltkriegs in deutschen Städten als Heritage-Making Moment“ untersuchte den Prozess der Kriegsschadensaufnahme aus Perspektive der Denkmalwissenschaften. Im Zuge der Kriegsschadensaufnahme wurde die Wiederaufbaufähigkeit und die Wiederaufbauwürdigkeit von Gebäuden eingeschätzt. Bei der vergleichenden Recherche in sechs Stadtarchiven konnte ein unerwartet reicher Bestand an thematischen Karten zu Kriegsschäden und Wiederaufbauplanung erschlossen werden, den öffentliche Verwaltungen während des Krieges und in Vorbereitung der Wiederaufbaumaßnahmen erstellten. Dabei wurde eine große Vielfalt und Bandbreite an Kartierungsstrategien und Funktionen der Karten sichtbar. Die thematischen Stadtkarten geben Auskunft darüber, welche Informationen zu Zerstörungen und zum Zustand der beschädigten Stadt den Akteur:innen zur damaligen Zeit relevant erschienen, um den Katastrophenschutz zu organisieren und den Wiederaufbau in einer Stadt vorzubereiten. Diese Karten liefern nicht nur statistische Daten, etwa in der Prozentangabe von Zerstörungsgraden, sondern verorten diese Informationen auch in unterschiedlichem Detaillierungsgrad im Stadtgrundriss. Kriegsschadenskarten und andere thematische Karten, die im Zusammenhang mit Zerstörung und Wiederaufbauplanung entstanden, lassen vielfältige Rückschlüsse auf die rasch wechselnde Situation in Städten während der Kriegs- und Nachkriegszeit zu. Im Atlas Kriegsschadenskarten Deutschland, erschienen im Open-Access-Format 2023 bei Birkhäuser, wurden die Karten editiert. Aufsätze von Carmen M. Enss, Birgit Knauer und Georg-Felix Sedlmeyer untersuchen die Dokumente im Hinblick auf ihre Funktionen bei Tradierungsvorgängen in der Wiederaufbauplanung. Die vielfältigen Entscheidungen und Überlegungen zur Erhaltung oder Preisgabe von baulichem Erbe bei der Kriegsschadensaufnahme wurden mit dem Ausdruck Heritage Making zusammengefasst.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Atlas Kriegsschadenskarten Deutschland. Stadtkartierung und Heritage Making im Wiederaufbau um 1945, Basel: Birkhäuser 2023
ENSS, Carmen M. & Knauer & Birgit
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Ruinen und urbanes Kulturerbe: Stadtkartierung in Nürnberg 1942 – 1952. Otto-Friedrich-Universität.
Enss, C. M. (Ed.)
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„Zerstörung ist relativ“, Interview Olaf Przybilla mit Carmen Enss in der Süddeutschen Zeitung vom 15. Februar 2021.
Olaf Przybilla & Carmen Enss
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Cartographies of catastrophe: mapping World War II destruction in Germany and Poland. Urban History, 49(3), 589-611.
Elżanowski, Jerzy & Enss, Carmen M.
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Denkmalorte in Karten visualisiert. Graphische Verhandlungen städtischen Erbes gestern und heute. Politiken des Erbens in urbanen Räumen, 163-178. transcript Verlag.
Enss, Carmen M.
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Sperrzone Heimat. Bausperren für den Wiederaufbau am Ende des Zweiten Weltkriegs. Politiken des Erbens in urbanen Räumen, 179-190. transcript Verlag.
Sedlmeyer, Georg-Felix
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Kapitel 3 . Kriegsschadensaufnahme – ein mehrstufiger Prozess. Atlas Kriegsschadenskarten Deutschland, 26-35. De Gruyter.
Sedlmeyer, Georg-Felix
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Kapitel 4 . Was bewirken Schadenskarten?. Atlas Kriegsschadenskarten Deutschland, 36-47. De Gruyter.
Enss, Carmen M.
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Kapitel 5 . Denkmale in historischen Stadtkarten. Atlas Kriegsschadenskarten Deutschland, 48-57. De Gruyter.
Knauer, Birgit
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Kapitel 6 . Heritage Making im Wiederaufbau. Atlas Kriegsschadenskarten Deutschland, 58-65. De Gruyter.
Enss, Carmen M.
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Kapitel 7 . Definition und Transformation von Erbe im Rahmen der Wiederaufbauplanung. Atlas Kriegsschadenskarten Deutschland, 66-79. De Gruyter.
Knauer, Birgit
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Kapitel 8 . Archive, Archivbestände und Recherche. Atlas Kriegsschadenskarten Deutschland, 80-88. De Gruyter.
Sedlmeyer, Georg-Felix
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„Erbeprozesse bei den Aufbauplanungen für Städte in den 1940er Jahren: Schadensaufnahmen, Inventarisation, Aufbau“, in: Forum Stadt, Vierteljahreszeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie, Denkmalpflege und Stadtentwicklung, 49. Jg., 1/2022, S. 51-62.
ENSS, Carmen M.
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„Wiederaufbauplanung und Heritage Making im kriegszerstörten Nürnberg. Historische Stadtkarten als Quelle der Stadtforschung“, in: Moderne Stadtgeschichte, Heft 1, 2022, S. 133-160.
Knauer, Birgit & Enss, Carmen M.
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Das Dölitzer Schlösschen. Ruinen und vergessene Orte, 227-242. transcript Verlag.
Sedlmeyer, Georg-Felix
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Thematische Stadtkarten zu Kriegsschäden und Wiederaufbauplanung. Funktionen und Entwicklung“, in: Enss, Carmen M./Knauer, Birgit (Hrsg.): Atlas Kriegsschadenskarten Deutschland. Stadtkartierung und Heritage Making im Wiederaufbau um 1945, Basel: Birkhäuser 2023, S. 18-25.
Enss Carmen M.
