Religiöse Differenz und wirtschaftliche Kooperation: Christlich-jüdische Geschäftsbeziehungen in der Spätphase des Alten Reiches (1648–1806)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Zentrum des Projekts stand die systematische Erforschung und Darstellung der Formen, Strategien und Praktiken der Kooperation jüdischer und christlicher Wirtschaftsakteure zwischen der Mitte des 17. Jahrhunderts und dem Ende des Alten Reiches. Es leistet einen substantiellen und weiterführten Beitrag zur Integration der Wirtschaftsgeschichte in die jüdische Geschichte, zur frühneuzeitlichen Wirtschaftsgeschichte sowie zur Erhellung der Zusammenhänge zwischen Staatsbildung, ökonomischer Entwicklung und der Geschichte religiöser Minderheiten. Schwerpunktmäßig ging es um wirtschaftliche Interaktionen, die über den Abschluss einzelner Kauf- und Kreditgeschäfte hinausgingen und eine längerfristige Zusammenarbeit initiierten bzw. zumindest intendierten. Dies betraf insbesondere serielle Beauftragungen und Kommissionsgeschäfte, Einlagen von Depositenkapital durch Christen in jüdische Handelsgesellschaften (und umgekehrt), stille Beteiligungen an kommerziellen Unternehmungen, die Bildung gemeinsamer christlich-jüdischer Handelskompanien sowie Kooperationen bei Gewerbebetrieben und Manufakturen. Der Untersuchungszeitraum deckt sich mit der Blütezeit des sogenannten Hofjudentums, in der zahlreiche mitteleuropäische Territorialstaaten im Kontext einer merkantilistisch ausgerichteten Wirtschaftspolitik auf jüdische Hof- und Armeelieferanten rekurrierten und somit die Formierung einer jüdischen Wirtschaftselite ermöglichten bzw. begünstigten. Den Untersuchungsraum bilden süd- und mitteldeutsche Regionen wie Franken, Bayerisch-Schwaben und Hessen, die aufgrund der Zahl, Kapitalkraft und kulturellen Ausstrahlung der dortigen Judengemeinden als Verdichtungsräume jüdischen Lebens und jüdischer Kultur angesehen werden können. Aus dem Projekt sind mehrere in Zeitschriften und Sammelbänden veröffentlichte Aufsätze sowie eine innovative Graphdatenbank hervorgegangen, die von anderen Forscherinnen und Forschern als Recherchetool zur jüdisch-christlichen Geschichte genutzt werden kann. Eine monographische Zusammenfassung der Projektergebnisse soll in den nächsten Monaten fertiggestellt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„Denn Sie war durch das Exempel ihrer Schwester aufgewecket worden“ – Konversionen im Hochstift Bamberg im 18. Jahrhundert / „Neboť byla povzbuzena příkladem svých sester“ – Konverze na území okněžněho biskupství Bamberg (Seelenheil und Spektakel. Jüdische Konversionen im zentraleuropäischen Raum bis 1848 oder Spása duše i okázalé představení. Židovské konverze ve středoevropském prostoru do roku 1848 (Tagung der Společnost pro dějny židů v České repulice / Gesellschaft für Geschichte der Juden in der Tschechischen Republik, Brünn 15.– 17.10.2019)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Das Wissen um und die Anwendung von jüdischen Rechtsnormen in der christlichen Rechtsprechung – Franken im 17. und 18. Jahrhundert (Winterschool Vielfalt! Neuere Forschungen zu Recht und Justiz im frühneuzeitlichen Alten Reich, Münster 16.– 19.2.2020)
Michaela Schmölz-Häberlein
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„… ein klein Präsent“ – Jüdische Spenden und Stiftungen im Hochstift Bamberg im 18. Jahrhundert („Zedaka“ (Gerechtigkeit) – Jüdische Wohlfahrt und Armenfürsorge bis 1938: 31. Internationale Sommerakademie, Volkskundemuseum Wien, 6.–8. Juli 2022 (ursprünglich Juli 2020)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Eine gemeinsame Geschichte – Einblicke in das jüdisch-christliche Verhältnis in der Vormoderne („… zu Eurem Gedächtnis – Visual History“. 1700 Jahre jüdisches Leben. Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit, Bamberg 8.3.2021)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Wetterextreme, Wirtschaftskrisen und unternehmerisches Handeln: Die Kooperation der Augsburger Kattundruckerei Schöppler & Hartmann mit jüdischen und christlichen Großhändlern (1783–1786), in: Annales Mercaturae. Jahrbuch für internationale Handelsgeschichte 7 (2021), S. 111–157.
Michaela Schmölz-Häberlein
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Commercial Cooperation between Jews and Christians in the Holy Roman Empire – Opportunities and Risks (World Economic History Conference, Section Religious Freedom, Institutions, and Long-Distance Trade, Paris, 25.-29.7.2022)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Der Financier und der Projektemacher – Die herrschaftliche Gold- und Silberdrahtmanufaktur in Schwabach als christlich-jüdisches Kooperationsprojekt, erscheint in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 85/3 (2022)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Johann Christoph Leißner und Model Marx – Die herrschaftliche Gold- und Silberdrahtmanufaktur in Schwabach als christlich-jüdisches Kooperationsprojekt (Jüdisches Museum Fürth – Synagoge Schwabach, 16.10.2022)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Jüdische Handelshäuser als Kriegsfinanciers und Armeelieferanten zwischen Pfälzischem Erbfolgekrieg (1688–1697) und Österreichischem Erbfolgekrieg (1740– 1748): Das Beispiel der Fürther Fränkel-Gesellschaften, in: Juden und Krieg in der Frühen Neuzeit. Akteure, Erfahrungen, Strukturwandel, hrsg. von Martha Keil / Peter Rauscher / Sabine Ullmann (Forschungen zur Geschichte der Juden 33), Wiesbaden 2022, S. 191– 228.
Michaela Schmölz-Häberlein
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Religiöse Differenz und ökonomische Kooperation: Christlich-jüdische Geschäftsbeziehungen im Alten Reich (1648-1806) – ein Werkstattbericht (Forschungskolloquium Geschichte transkulturell, Europa-Universität Viandrina, Frankfurt an der Oder 13.12.2022)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Ein ambivalentes Vermächtnis – Upcycling vor 1945 erhobener genealogischer Forschungsdaten für eine jüdische Prosopographie der Vormoderne (llegacy4reuse. Kriterien und Methoden für das Upcycling von Sozial- und Wirtschaftshistorischen Datensammlungen - Online Workshop 23.11.2023 veranstaltet von Werner Scheltjens und Mark Spörer)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Juden in süddeutschen Residenzstädten des 18. Jahrhunderts als Akteure wirtschaftlichen Wandels (Zwischen Ancien Régime und Moderne. Transformationen der Stadt im „langen“ 18. Jahrhundert“, Ústí nad Labem 24.–26.5.2023)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Jüdische Spenden und Stiftungen im fraktalen Raum des Heiligen Römischen Reichs (Soziale Differenzierung jüdischer Lebenswelten. Zugehörigkeit, Hierarchie und Mobilität, Interdisziplinäres Forum »Jüdische Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit und im Übergang zur Moderne, Stuttgart Hohenheim 17.-19.2.2023)
Michaela Schmölz-Häberlein
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Jüdische Spenden und Stiftungen im fraktalen Raum des Heiligen Römischen Reichs, in: Aschkenas. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden 33/1 (2023), S. 101-131.
Michaela Schmölz-Häberlein
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Zur Einleitung: Fraktalität und die Dynamik jüdischer Lebensformen im Süden des Alten Reichs im 17. und 18.Jahrhundert. Aschkenas, 33(1), 1-15.
Schmölz-Häberlein, Michaela & Ullmann, Sabine
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„der völlig und gänzl[iche] Ruin und Untergang der so weit und breit in gantz Europa bekannten Zunnerischen Handlung“? Ein buchhandelsgeschichtlicher Akteur um 1700. Pietismus und Neuzeit Band 46/47 – 2020/2021, 108-132. Vandenhoeck & Ruprecht.
Kruk, Oliver
