Rolle der gewebsständigen Leukozyten in der Niere - Implikationen für das Transplantatüberleben unter besonderer Berücksichtigung des Alters
Reproduktionsmedizin, Urologie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ursprünglich zumeist auf Daten aus murinen Infektionsmodellen aufbauend, wurde innerhalb der letzten 10 Jahre das Konzept der Geweberesidenz („tissue residency") formuliert. Es besagt, dass ein Großteil immunologisch relevanter Zellen nicht in Blut und/oder Lymphe zirkuliert, sondern im Gewebe residiert, dort einen Phänotyp akquiriert, der mit einer eingeschränkten Re-Zirkulationsfähigkeit assoziiert ist - und je nach Gewebetyp spezifischen funktionalen Anpassungen unterworfen ist, die zu einer optimalen lokalen Gewebeprotektion beitragen. Während insbesondere gewebsständige Gedächtnis-T-Zellen mittlerweile umfangreich in verschiedenen experimentellen Infektions-, Tumor- und Autoimmunmodellen der Maus untersucht wurden, liegen weiterhin nur wenige Studien vor, die die Komposition, Antigen-Spezifitäten und Funktionen humaner gewebsständiger Gedächtniszellen in den Fokus genommen haben. Vor diesem Hintergrund leisten unsere Daten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis, wie das immunologische T-Zell-Gedächtnis in der Niere organisiert ist: So konnten wir unter anderem zeigen, dass der Pool an renalen gewebsresidenten T-Zellen mit fortschreitendem Alter expandiert. Ferner belegen unsere Daten, dass die humane Niere gewebsständige T-Zellen in vergleichsweise hohen Frequenzen beherbergt, die für saisonale Viren wie Influenza spezifisch sind. Dieses Ergebnis ist insofern überraschend, da bislang angenommen wurde, dass Geweberesidenz durch Organ- oder Gewebetyp-spezifische Infektionen erlangt wird, was für die Kombination von Influenza mit dem nicht-mukosalen Gewebe Niere nicht zu erwarten gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund ist es umso erstaunlicher, dass wir SARS-CoV2-spezifische T- und B-Zellen nach mRNA-Impfung in multiplen humanen lymphatischen und nicht-lymphatischen Geweben nachweisen konnten. Innerhalb des CD4+ T-Zellkompartiments konnten wir zahleiche Anpassungen hinsichtlich Gedächtnistyp-Differenzierung, Funktion und Gewebssignatur im Vergleich zu Zellen aus peripherem Blut aufzeigen. Dazu gehört, dass T-Zellen weitgehend altersunabhängig im Gewebe persistieren und hier möglicherweise eine geschütztere Nische existiert als dies im Blut der Fall ist. Offen bleibt die Frage, ob Impf-spezifische T-Zellen lokal im Bereich der Infektionsstelle „geprimed" werden und daraufhin in distale Gewebe auswandern, oder ob nach Impfung eine Verteilung von Impf-Antigenen innerhalb des Körpers erfolgt und die initiale T-Zell-Aktivierung an multiplen Orten erfolgt. Die zweite Hypothese erscheint zumindest prinzipiell möglich, da im Mausmodell gezeigt wurde, dass intramuskulär applizierte, mRNA-kodierte Impfproteine in distalen Organen wie der Leber und Lunge nachweisbar sind. Unsere eigenen Studien im Mausmodell belegen, dass das Alter nicht nur mit fundamentalen Veränderungen in der lymphozytären Zusammensetzung der Niere einhergeht, sondern ebenso Zellen mit antigenpräsentierenden Eigenschaften ihr funktionelles Repertoire modifizieren. Dies betrifft insbesondere ko-stimulatorische Moleküle, die bei der T-Zellaktivierung eine wichtige Rolle übernehmen und daher im Transplantationskontext von besonderer Bedeutung sind. In wieweit solche auch im Kontext mit dem Begriff Inflamm-ageing assoziierten Veränderungen reversibel sind und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, zeigt unser Ansatz zur Depletion „alter" Zellen im Transplantat. Konsequenz der Spendervorbehandlung mit dem Senolytikum ABT-263 ist eine verringerte inflammatorische Signatur innerhalb des T- und NK-Zell-Kompartiments, verbunden mit einer Verbesserung der Langzeit-Transplantatfunktion. Vor dem Hintergrund einer fortschreitend alternden Bevölkerung und der damit zwangsläufig einhergehenden Transplantation alter Organe präsentieren wir damit einen innovativen experimentellen Ansatz zur Erweiterung des Organspenderpools.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Expression of MICA in Zero Hour Biopsies Predicts Graft Survival After Liver Transplantation. Frontiers in Immunology, 12 (2021, 7, 20).
Resch, Thomas; Hackl, Hubert; Esser, Hannah; Günther, Julia; Schwelberger, Hubert; Ritschl, Paul Viktor; Ebner, Susanne; Maglione, Manuel; Mellitzer, Vanessa; Biebl, Matthias; Öllinger, Robert; Zoller, Heinz; Schneeberger, Stefan & Kotsch, Katja
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Signatures and Specificity of Tissue-Resident Lymphocytes Identified in Human Renal Peritumor and Tumor Tissue. Journal of the American Society of Nephrology, 32(9), 2223-2241.
Dornieden, Theresa; Sattler, Arne; Pascual-Reguant, Anna; Ruhm, Annkathrin Helena; Thiel, Lion Gabriel; Bergmann, Yasmin Samira; Thole, Linda Marie Laura; Köhler, Ralf; Kühl, Anja Andrea; Hauser, Anja Erika; Boral, Sengül; Friedersdorff, Frank & Kotsch, Katja
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Renal inflamm-aging provokes intra-graft inflammation following experimental kidney transplantation. American Journal of Transplantation, 22(11), 2529-2547.
He, An; Sarwar, Attia; Thole, Linda Marie Laura; Siegle, Janine; Sattler, Arne; Ashraf, Muhammad Imtiaz; Proß, Vanessa; Stahl, Carolin; Dornieden, Theresa; Bergmann, Yasmin; Ritschl, Paul Viktor; Ebner, Susanne; Hublitz, Karolin Wiebke; Stamatiades, Efstathios Gregorios; Bülow, Roman David; Boor, Peter & Kotsch, Katja
