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Globale Geographien im Wandel: Die Neukartographierung der Erde im Zeichen des Ost-West- und Nord-Südkonflikts von den 1860ern bis zu den 1970ern

Antragsteller Dr. Jasper Trautsch
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 422478530
 
Das Forschungsprojekt geht der Frage nach, wie Weltkarten, die auf massenhaft Verbreitung findenden Medien wie in Schulatlanten, auf Briefmarken und Wahlplakaten sowie im Hintergrund von Nachrichtensendungen im Fernsehen erschienen, die Welt zwischen den 1860ern und den 1970ern, also zwischen der Genese einer weltumspannenden interimperialen Ordnung und deren Zerfall bzw. Ersetzung durch eine internationale Ordnung, unterteilt und die Vorstellung der historischen Zeitgenossen vom Aussehen der Erde geprägt haben. Dabei geht es davon aus, dass „Welt“ – ebenso wie „Nation“ – keine selbstverständliche und naturgegebene Kategorie ist, sondern sich die Bilder, die wir uns von der Erde machen, in einem unmittelbaren Zusammenhang mit kulturspezifischen Weltdeutungen stehen, sie von politischen Interessenlagen beeinflusst und dementsprechend umstritten sind und einem historischen Wandel unterliegen. Anders ausgedrückt haben die Globalisierungsprozesse, die im Untersuchungszeitraum stattfanden und dazu führten, dass globale Zusammenhänge, Interdependenzen und Verflechtungen zunehmend breitenöffentlich diskutiert wurden, seit den 1860ern nicht zu einer homogenen Vorstellung des Aussehens der Erde geführt, sondern haben Welt-Raum-Grenzziehungen, die die Erde strukturieren, überhaupt erst produziert und zu Deutungskämpfen um Welt-Bilder geführt.Der Wandel dieser – bzw. der Streit um diese – Welt-Bilder wird in Bezug auf Deutschland, Großbritannien, Frankreich und die USA analysiert. Als global agierende Imperialmächte, aber auch als führende Produzenten von Karten haben sie besonders großen Einfluss auf die Welt-Bilder im Zeitalter des Imperialismus gehabt. Am Beispiel der USA kann sodann analysiert werden, wie im frühen 20. Jahrhundert ein neues atlantisches Welt-Bild entstand, das die Dominanz der jahrhundertealten Gegenüberstellungen von Westlicher und Östlicher Hemisphäre durchbrach und den Übergang von einer interventionistischen zu einer isolationistischen Außenpolitik begleitete. Der Fall Deutschlands zeigt, wie sich aufbauend auf denselben nationalen kartographischen Traditionen in beiden Teilen des Landes nach 1945 ganz unterschiedliche neue Welt-Bilder, die paradigmatisch für die Vorstellungswelten der Blöcke auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs standen, entwickelten und zur Naturalisierung und damit Langlebigkeit des Ost-West-Konflikts beitrugen. Schließlich kann an den Beispielen Großbritanniens und Frankreichs rekonstruiert werden, wie die mitunter konfligierenden Anforderungen des Kalten Krieges und des Dekolonisierungsprozesses zu miteinander konkurrierenden Orientierungen führten und die Kartographie damit zum unmittelbaren Gegenstand politischer Auseinandersetzungen um die Deutungshoheit über diese globalen Systemkonflikte beförderten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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