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Württemberg und Montbéliard: Eine Wissensgeschichte politisch-administrativen Handelns im 18. Jahrhundert
Antragstellerin
Professorin Dr. Renate Dürr
Fachliche Zuordnung
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung
Förderung von 2019 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 423426482
In dem beantragten Forschungsprojekt soll am Beispiel der württembergischen Grafschaft Montbéliard (im heutigen Frankreich gelegen) Verwaltungshandeln als Übersetzungsprozess interpretiert werden. Seit dem 16. Jahrhundert vervielfältigen sich zum einen die Austauschprozesse, zum anderen die Konfliktfelder zwischen dem Herzogtum Württemberg und der kleinen Grafschaft. Das kann zum einen mit der Reformation und der entstehenden Konfessionalisierung erklärt werden. Zum anderen lässt es sich mit der Arrondierungspolitik der französischen Könige im 17. Jahrhundert begründen, die dazu führten, dass Montbéliard seither eine württembergische Enklave inmitten Frankreichs war. Verständlicherweise stieg mit diesen neuen Herausforderungen das Informationsbedürfnis in Stuttgart. Um Information wurde im Wortsinne gerungen: Archivgut wurde nicht nur erstellt und kopiert; es wurde auch entwendet oder evakuiert. Ein engmaschiges Netzwerk von Informanten entstand, das aus württembergischen wie französischen Räten, Gouverneuren oder Sekretären bestand. Sie standen mit Gesandten, Schriftstellern oder Bankiers in Stuttgart und Paris, in Montbéliard, Kolmar, Straßburg oder Besançon in Verbindung. Die kleine Grafschaft Montbéliard war ganz offenbar weit über deren Grenzen hinaus von Bedeutung.Im Zentrum des Projektes steht das Verwaltungshandeln in der Grafschaft Montbéliard zwischen 1723 und 1793. Der Zeitraum wird von der erneuten Regierungsübernahme durch Stuttgart einerseits und der Annexion durch das revolutionäre Frankreich andererseits eingegrenzt und deckt sich mit einer Phase des besonders intensiven Austausches zwischen beiden Landesteilen. Anknüpfend an die neuere, kultgeschichtliche und wissenshistorische Verwaltungsforschung soll informationsbasierte Distanzherrschaft als Übersetzungsprozess interpretiert werden. Es wird danach gefragt, wie Wissen sprachlich, kulturell und medial übersetzt wurde. Administration wird folglich als kommunikatives Geschehen verstanden, bei dem Wissen nicht nur weitergegeben, sondern auch angeeignet werden muss. Verwaltung als Übersetzung zu interpretieren bedeutet nicht nur die Handlungen der Sender zu beschreiben, sondern beide Kommunikationspartner in den Blick zu nehmen. Mit der Frage nach der Übersetzung geht es um die Übertragung, Umwandlung und Veränderung von Inhalten. Damit werden explizit auch Missverständnisse, beabsichtigte wie unbeabsichtigte Fehlinformationen als unvermeidbare Elemente von Verwaltung in den Blick genommen. Ausgehend von diesen Überlegungen wird das Projekt das Handeln einiger zentraler Akteure/ Akteurinnen untersuchen. Außerdem werden vier thematische Beispiele ausgewählt, an denen Inhalte des Verwaltungshandelns als Übersetzungsprozess diskutiert werden sollen
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen