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Die Rolle häufiger und seltener genetischer Faktoren bei der Ätiologie genetischer Epilepsien und der Pharmakoresponse

Antragsteller Dr. Stefan Wolking
Fachliche Zuordnung Molekulare und zelluläre Neurologie und Neuropathologie
Klinische Neurologie; Neurochirurgie und Neuroradiologie
Förderung Förderung von 2019 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 423633757
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Epilepsien gehören zu den häufigsten neurologischen Krankheitsbildern. Viele Arten von Epilepsien haben einen genetischen Bezug. Während sich bei einigen Syndrome wie den epileptischen Enzephalopathien häufig verursachende Genmutationen in einzelnen Genen finden lassen, weisen viele andere Epilepsien eine deutlich komplexere genetische Architektur auf. Selbst bei epileptischen Enzephalopathien bleiben trotz moderner genetischer Diagnostik mehr als 50% aller Fälle ungeklärt ebenso wie die ausgeprägte Heterogenität in der Krankheitsausprägung. Eine weitere Herausforderung stellt das Problem der Pharmakoresistenz dar, d.h. das unzureichende Ansprechen von epileptischen Anfällen auf Antikonvulsiva. Trotz über 20 verfügbaren Wirkstoffen, ist davon auszugehen, dass bei etwa jeder dritten Person mit Epilepsie die Anfälle nicht vollständig unterdrückbar sind. Darüber hinaus gibt es nur wenige Prädiktoren darüber, welche Person von welchem Medikament am besten profitieren könnte. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts verfolgten wir zwei Ziele: 1) Die Identifizierung von genetischen Varianten, welche ein Ansprechen auf bestimmte Antikonvulsiva vorhersagen können, bzw. welche eine breite Pharmakoresistenz voraussagen. Im ersten Fall würde dies eine personalisierte Behandlung erlauben; im zweiten Fall ein gezielteres Vorgehen hinsichtlich nicht-medikamentöser Behandlungsverfahren. 2) Eine Vertiefung des Verständnisses von genetischen Einflussfaktoren auf verschieden Epilepsiesyndrome wie etwa epileptische Enzephalopathien. Das Ziel hier ist es perspektivisch bessere diagnostische und prognostische Vorhersagen zu ermöglichen. Wir fokussierten unsere pharmakogenetischen Untersuchungen auf drei sehr häufig verwendete Antikonvulsiva: Levetiracetam, Lamotrigin und Valproinsäure. Wir sammelten hierzu im Vorfeld detaillierte klinische Informationen und generierten genetische Daten (Exom- und Genotypdaten) von Personen mit Epilepsie, die entweder sehr gut oder schlecht auf diese Medikamente ansprachen. In unseren genetischen Analysen fanden wir heraus, dass Personen mit schlechtem Ansprechen eine Häufung von seltenen genetischen Varianten in Genen aufwiesen, die in einem funktionellen Zusammenhang mit den Antikonvulsiva standen. Im Fall von Valproinsäure konnten wir zeigen, dass „Nicht-Ansprecher“ häufiger Veränderungen in Genen aufwiesen, die im Zusammenhang mit der Versoffwechselung des Medikaments stehen. Im Fall von Levetiracetam konnten wir eine Mehranreicherung von Varianten in Genen nachweisen, welche unmittelbar mit dem Wirkmechanismus des Medikaments zusammenstehen. Diese Ergebnisse bedürfen noch weiterer Folgeuntersuchgen könnten in Zukunft jedoch dazu dienen individualisierte Behandlungsstrategien durchzuführen. Im zweiten Teil unserer Studie untersuchten wir u.a. Personen mit epileptischen Enzephalopathien und deren gesunde Eltern. Wir konnten aufzeigen, dass neben Neumutationen in einzelnen Epilepsie-assoziierten Genen tatsächlich auch eine Anhäufung von Risikovarianten vorliegt. Dies erhärtet den Verdacht, dass epileptische Enzephalopathien keine „einfachen“ Mendel’schen Erkrankungen sind, sondern einen weitaus komplexeren genetischen Hintergrund haben. Diese Ergebnisse allein reichen noch nicht aus, um diesen Verdacht sicher zu bestätigen, ermöglichen uns jedoch diese Funde in größer angelegten Studien weiter zu verfolgen. In Zukunft könnten diese Analysen helfen bessere diagnostische und prognostische Aussagen zu treffen für Erkrankte und ebenso wie eine fundiertere genetische Beratung für deren Angehörige.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Pharmacoresponse in genetic generalized epilepsy: a genome wide association study. Pharmacogenomics. Jan 2020
    Wolking S, Schulz H, Nies AT, McCormack M, Becker F, Schaeffeler E, et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.2217/pgs-2019-0179)
  • Testing association of rare genetic variants with resistance to three common antiseizure medications. Epilepsia. 2020 Mar 6
    Wolking S, Moreau C, Nies AT, Schaeffeler E, McCormack M, Auce P, et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/epi.16467)
 
 

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