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Genomische Untersuchungen zur Inzuchtdepression in einer Population unter natürlichem Selektionsdruck.
Antragsteller
Martin Stoffel
Fachliche Zuordnung
Evolution, Anthropologie
Allgemeine Genetik und funktionelle Genomforschung
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Allgemeine Genetik und funktionelle Genomforschung
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung
Förderung in 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 423718723
Seit Darwin erstmals experimentell nachwies, dass Inzucht bei Pflanzen die Überlebenschancen des Nachwuchses minimiert, haben die Mechanismen und Konsequenzen der Inzucht Wissenschaftler fasziniert. Eineinhalb Jahrhunderte später wissen wir, dass die sogenannte "Inzuchtdepression" ein universelles Phänomen ist, das in nahezu allen Organismen vorkommt. So gibt es deutliche Hinweise darauf, dass die Fitness des Nachwuchses verwandter Eltern geringer ist. Vermehrtes Inzuchtverhalten, insbesondere in kleinen Populationen, kann deshalb sogar zum Aussterben einer Art beitragen. Trotz der enormen Bedeutung der Inzuchtdepression im globalen Klimawandel und immer kleiner werdender Population vieler Tierarten, ist fast nichts über die zugrunde liegenden genetischen Mechanismen in freier Wildbahn bekannt. In diesem Forschungsantrag plane ich die detaillierteste genomische Analyse der Inzuchtdepression, die je bei einer freilebenden Tierart gemacht wurde. Hierfür werde ich mir eine der am intensivsten erforschten, wilden Tierarten der Welt zunutze machen, die Soay Schafe des St. Kilda Archipels im äußersten Westen Schottlands. Dazu werde ich eine Methode aus der Humangenetik benutzen, die sich ‚genotype imputation' nennt, und die es erlaubt, bereits vorhandene genetische Daten mithilfe eines Stammbaumes so zu ergänzen, dass der resultierende genomische Datensatz ungefähr 450,000 Einzelnukleotid-Polymorphismen enthalten wird und damit nahezu die kompletten Genome tausender Soay Schafe abdeckt. Mit diesen umfangreichen Daten ist es dann möglich, die genomische Basis der Inzuchtdepression aufzudecken. Konkret werde ich folgende Fragen analysieren: (1) Ob der größte Anteil der Gene, welche für Inzuchtdepression verantwortlich sind, in langen Abfolgen von homozygoten Loci, sogenannten identity-by-descent oder IBD Segmenten enthalten ist. Diese Analyse kann klären, ob Inzuchtdepression hauptsächlich aus dem Inzuchtverhalten von nahen Verwandten herrührt. (2) Ob es bestimmte Allele gibt, die, wenn sie in homozygoter Ausprägung aufeinandertreffen, zum Tod eines Embryos im Mutterleib führen. Solche Allele wären die wohl stärkste Ausprägung der Inzuchtdepression und wurden noch nie in freilebenden Populationen untersucht. (3) Wo im Genom die für Inzuchtdepression verantwortlichen Gene zu finden sind und wie groß ihre jeweiligen Effekte sind. (4) Um die Art der Selektion und die Funktionen der einzelnen Gene im Detail zu erfassen, werde schlussendlich auf sogenannte "Whole genome sequencing" Daten zurückgreifen, eine Sequenzierungsmethode, die tatsächlich die kompletten Genome erfasst. Das wird eine detaillierte Imputation von Genotypen in den interessantesten Abschnitten des Genoms ermöglichen und so zu einem noch tieferen mechanistischen Verständnis des Phänomens Inzuchtdepression führen.
DFG-Verfahren
Forschungsstipendien
Internationaler Bezug
Großbritannien
Gastgeberin
Professorin Josephine M. Pemberton, Ph.D.