Detailseite
Projekt Druckansicht

Granularer Weissenberg-Effekt

Fachliche Zuordnung Statistische Physik, Nichtlineare Dynamik, Komplexe Systeme, Weiche und fluide Materie, Biologische Physik
Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 424177218
 
Ziel des beantragten Projektes ist die experimentelle und numerische Charakterisierung eines "granularen Weissenberg-Effektes" eines neu entdeckten und unverstandenen Phänomens bei der Scherung formanisotroper Granulate.Granulare Materialien aus formanisotropen Partikeln findet man weitverbreitet, in der Pharmazie, der Lebensmittelindustrie, in verschiedensten technischen Bereichen oder in der Geologie. Scherung, Schütten oder Schütteln solcher Granulate kann zur Ausbildung lokaler oder globaler Orientierungsordnung führen, welche die makroskopischen statischen und dynamischen Eigenschaften signifikant beeinflusst. Es ändern sich zum Beispiel Packungsdichten, Schüttwinkel, Fließverhalten und Reibungskräfte.In vorangegangenen Untersuchungen haben wir ein Phänomen gefunden, das bisher nicht erklärt werden kann: bei der Scherung formanisotroper Granulate in zylindrischer Geometrie kommt es, ähnlich wie beim Weissenberg-Effekt in nichtnewtonschen Fluiden, zu einer deutlichen Anhebung der Oberfläche in der Nähe des Drehzentrums. Obwohl man in der Regel davon ausgeht, dass in solchen Materialien die Scherung auf ein lokalisiertes Scherband beschränkt ist, findet hier tatsächlich eine großskalige Umlagerung des Materials, ein 'sekundärer Fluss', statt. Einzelheiten sind im Projektantrag beschrieben.Unsere Hypothese ist die Herausbildung einer durch Normalspannungen in der Scherzone getriebenen Konvektionsrolle. Wir finden den Effekt nur bei deutlich formanisotropen Partikeln, bei kugelförmigen Partikeln ist er zum Beispiel nicht nachweisbar. Ob dieses Phänomen mit dem (ebenfalls nicht vollständig verstandenen) Weissenberg-Effekt in anderen komplexen Flüssigkeiten verwandt ist, kann trotz offensichtlicher Analogien im Moment nicht entschieden werden. Wir benutzen in diesem Antrag dennoch diese Bezeichnung als markante Arbeitshypothese. Im Projekt werden wir versuchen, die physikalische Ursache für den in granularen Materialien beobachteten Effekt zu identifizieren.Dazu kombinieren wir experimentelle Untersuchungen mit numerischen Simulationen. Mit Hilfe tomographischer Verfahren (Röntgen und NMR) können wir eine vollständige dreidimensionale Charakterisierung des Granulatbettes durchführen. Einzelpartikelverfolgung ist möglich. Invasive Verfahren (Exkavation) können zum Teil ergänzend als kostengünstige und zeitsparende Alternative eingesetzt werden. Die geplanten numerischen Simulationen gestatten eine gezielte Variation von Materialparametern sowie den direkten Zugang zu mikroskopischen und makroskopischen Ensemblegrößen zum Vergleich mit dem Experiment. Wir werden Ensembles prolater und oblater Teilchen charakterisieren und mit dem Verhalten kugelförmiger Teilchen vergleichen.Wir gehen von der Hypothese aus, dass Aspektverhältnis und Partikelform (z. B. Zylinder, Ellipsoid) den wesentlichen Einfluss auf den Effekt ausmachen, wollen unsere Untersuchungen jedoch nicht auf diese Faktoren beschränken.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung