Hochpräzise Pärchenfusion tierischer und humaner Zellen in einem automatisierbaren Lab-On-Chip-System
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die durch einen elektrischen Spannungspuls hervorgerufene Fusion zweier lebender Zellen ist seit rund 30 Jahren eine weithin gebräuchliche Methode der Zellbiologie zur Vereinigung erwünschter Eigenschaften zweier Ausgangspopulationen in einem Hybrid. Weit überwiegend wird die Methode zur Gewinnung unsterblicher antikörperproduzierender Zellen angewendet, indem Krebszellen mit Immunzellen fusioniert werden. Klar nachrangig sind Anwendungen der Elektrofusion zur Erzeugung von Zellen, die patientenspezifische Tumorsignale an dessen Immunsystem vermitteln, sowie - in den letzten Jahren - Fusionen unter Verwendung von Stammzellen als einer der beiden Ausgangspartner zur Nutzung deren einzigartiger regenerativer Eigenschaften. Die - auch kommerziell erfolgreiche - technische Umsetzung der Elektrofusion basierte bisher auf einer „Schrotschußtechnik", bei der eine große Anzahl Ausgangszellen eingesetzt wurde, von denen nur wenige dann auch tatsächlich erfolgreich fusioniert wurden. Dieses Verfahren funktionierte solange tadellos, wie ausreichende Mengen Ausgangsmaterial zur Verfügung standen. Dies änderte sich in der nahen Vergangenheit nicht nur durch das o. g. Interesse am Einsatz von Stammzellen, sondern auch durch aktuelle Forschungsthemen der Immunologie, die - im Tiermodell - mit geringen Zellzahlen auskommen müssen. Aus diesem Grund fanden sich in diesem Projekt die Fachrichtung Medizintechnik der UKS mit ihrer Expertise auf dem Gebiet der Elektromanipulation geringer Zellmengen und das Robert-Koch-Institut mit seiner herausragenden immunologischen Forschung zusammen. Das herkömmliche Vorgehen bei der Elektrofusion basiert auf der nachträglichen Selektion der vom „Schrotschuß" fusionierten Zellen - ihr Anteil liegt üblicherweise im unteren einstelligen Prozentbereich - durch Anwendung eines speziellen Kulturmediums, in dem die sich endlos teilenden Ausgangszellen nicht überleben können, weil ihnen ein bestimmtes Enzym fehlt (sogenannte TK-Zellen). Dieses Verfahren verbietet sich von selbst, wenn einfach nicht inkaufgenommen werden kann, weit mehr als 90% aller Zellen ungenutzt zu verlieren. Daher wurden in diesem Projekt erfolgreich etablierte Methoden der Einzelzellmanipulation eingesetzt, mit Hilfe derer in einem mikrofluidischen Kanalsystem („Chip") gezielt einzelne Ausgangszellen ausgewählt, mittels elektrischer Kräfte zusammengeführt, fusioniert und schließlich separat in einer konventionellen Mikrotiterplatte abgelegt werden können, wo sie für weitere Analysen und Kultivierung zur Verfügung stehen. Wie seit langem bekannt ist - und auch unsere eigenen Versuchsreihen bestätigten dies -, erfordert die effiziente Fusion eine bestimmte Eigenschaft des Puffers, in dem sie stattfindet: Dieser muß hypoosmotisch sein. In sehr gründlichen und systematischen Untersuchungen zu Beginn dieses Projekts identifizierten wir in einer Zusammenarbeit mit der Ecole polytechnique federale de Lausanne (EPFL, Prof. Philippe Renaud, LMIS4) eben diesen Puffer als wichtigste Belastung der Zellen im ganzen Prozeß. Deshalb entwickelten wir einen entsprechenden Chip, der es ermöglicht, die Zellen nur während eines geringstmöglichen Zeitraumes dem schädlichen, aber unabdingbaren Puffer auszusetzen. Die in diesem Projekt entwickelte Lösung des gestellten Problems zielt eindeutig auf Anwendungen ab, in denen mit nur wenigen Ausgangszellen ausgekommen werden muß. Während sie diese Anforderung hervorragend erfüllt, ist sie für andere Anwendungen, die einen hohen Durchsatz anstreben, schlichtweg nicht geeignet. Wir sehen daber in erster Linie folgende Anwendungen: immunologische Grundlagenforschung zur Variation der Fusiogenität von B-Zellen nach Aktivierung in Abhängigkeit von ihrem Differenzierungszustand als B-Zellen, B-Blasten oder Plasmazellen; gezielte Erzeugung von Synzytien für Vereinfachungen in der pharmazeutischen Wirkstofforschung - aktuelle Arbeiten zeigen die Vorteile von Synzytien beim Einsatz automatisierter patch clamp-Untersuchungen von Membrankanälen und deren Inhibitoren auf. Die fluidische und elektrische Handhabung der Zellen in dem hier entwickelten System - das Hauptthema dieses Projekts - sehen wir als vollständig an und als weitestgehend optimal. Künftige Arbeiten in dieser Hinsicht erscheinen darum als nicht unmittelbar zweckmäßig. Wichtiger ist u. E. die genauere Analyse des Fusionsprozesses auf der biologischen Ebene. Dazu ist erschreckend wenig in der Literatur bekannt. Wann und unter welchen Umständen kommt es nach der Membranfusion zur Kernfusion? Was geschieht mit dem überschüssigen genetischen Material, und wie hängt dessen Beseitigung durch die Zelle vom Zellzyklus zum Zeitpunkt der Fusion ab? Läßt sich die Ausbildung des Spindelapparats in der Hybridzelle vorhersagen? Antworten auf diese Fragestellungen können dann in einem zweiten Schritt in die weitere Optimierung des fusiogenen Spannungspulses eingehen. Dieser Aspekt entbehrt heute noch jeglicher Systematik und verhindert Vergleiche der Arbeiten verschiedener Arbeitsgruppen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„T cell activation on a single-cell level in dielectrophoresis-based microfluidic devices." (2008) J Chromatogr A, 1202:83-89
Kirschbaum, M.; Jaeger, M . S.; Schenkel, T. ; Breinig, T . ; Meyerhans, A.; Duschl, C.
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„Correlating short-term Ca2+ responses with long-term protein expression after activation of single T cells." (2009) Lab Chip 9:3517-3525
Kirschbaum, M.; Jaeger, M . S.; Duschl, C.