Geometrical Practices between Unification and Purity of Methods
Final Report Abstract
In diesem Projekt wurde anhand des Methodenstreits zwischen analytischer und synthetischer Geometrie im 19. Jahrhundert untersucht, welche Rolle unterschiedliche Methodenideale in der Mathematik spielen und welchen epistemischen Wert sie haben. Es wurde gezeigt, wie die Debatte zwischen analytischen und synthetischen Geometern des 19. Jahrhunderts die Axiomatisierung der Geometrie durch Hilbert prägte und somit das heutige Verständnis von Mathematik beeinflusste. Dabei hat sich herausgestellt, dass Hilbert seine Axiomatisierung in gewisser Weise als Überwindung der Entgegensetzung zwischen analytischer und synthetischer Geometrie verstand, da er die Methodenideale beider Ansätze vereinte. Diese Ergebnisse wurden zur Publikation bei Synthese angenommen. Die Methodendebatte des 19. Jahrhunderts wurde in der aktuellen Debatte der Tugend-Erkenntnistheorie verortet. Insbesondere hat sich die Diskussion um den Wert des Verstehens (Kvanvig, Zagzebski) als fruchtbar für die Analyse der epistemischen Werte der Methodenreinheit und Vereinheitlichung erwiesen. Dieser Ansatz soll in Zukunft weiterverfolgt werden, um die Philosophie der mathematischen Praxis besser an aktuelle Debatten der allgemeinen Erkenntnistheorie anzuschließen. Es hat sich gezeigt, dass das Verhältnis zwischen Descartes' geometrischen Arbeiten im 17. Jahrhundert und dem Methodenstreit des 19. Jahrhunderts komplexer ist als bei Antragsstellung angenommen. Daraus ergeben sich interessante Forschungsfragen, die noch einer genaueren Untersuchung bedürfen. Unter anderem stellt sich die Frage, welche Rolle der jeweilige soziale Kontext für die unterschiedliche normative Bewertung derselben Beweismethoden seitens Descartes und der synthetischen Geometer des 19. Jahrhunderts spielt.
