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Die Möglichkeit Bayes’scher Sozialwahl

Antragsteller Professor Dr. Stephan Hartmann, seit 9/2021
Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Praktische Philosophie
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 426170771
 
Dieses Projekt beschäftigt sich mit dem Verständnis rationaler kollektiver Entscheidungsprozesse. Ausgehend von der Hypothese, dass kollektive Rationalität individueller Rationalität nachmodelliert werden kann, lotet das Projekt die Implikationen eines Bayes’schen Ansatzes aus. Während die Bayes’sche Theorie sich zum vorherrschenden Standard der Modellierung individueller Rationalität entwickelt hat, deuten neuere Resultate in der Sozialwahltheorie --- der Theorie kollektiver Entscheidungsprozesse --- darauf hin, dass sich ein solcher Ansatz nicht von der Individual- auf die Kollektivebene übertragen lässt. In einigen Anwendungen stellt es sich als unmöglich heraus, die Bayes’sche Theorie mit plausiblen Annahmen über soziale Risikoaversion oder Ungleichheit in Einklang zu bringen. Weiterhin zeigt sich in einigen Anwendungen, dass die gleichzeitige Annahme eines Bayes’schen Models für die Individual- und Kollektivebene zu Widersprüchen und Inkonsistenzen führen kann. Die Möglichkeit einer dezidiert Bayes’schen Theorie der Sozialwahl muss daher zunächst als problematisch betrachtet werden.Das Ziel des Projektvorhabens besteht in der Auslotung der Bedingungen, die eine Bayes’sche Theorie der Sozialwahl ermöglichen, und kann in die folgenden Teilziele gegliedert werden. Die oben genannten Resultate beruhen auf der impliziten Restriktion, dass kollektive Entscheidungen von allen beteiligten Individuen getragen werden müssen. Zur Eröffnung der Möglichkeit Bayes’scher Sozialwahl muss diese Restriktion gelockert werden, und der erste Teil des Projekts wird eine vereinheitlichte Theorie dazu entwickeln, warum dies geschehen sollte und wie es geschehen kann --- beide Fragen sind in der Literatur bisher unbeantwortet. Weiterhin existiert eine versteckte Annahme in den oben genannten Resultaten: Implizit wird angenommen, dass die gleiche Methode verwendet werden kann, um sowohl Präferenzen als auch Glauben der beteiligten Individuen zu aggregieren. Der zweite Teil des Projekts wird zeigen, dass diese bisher nicht hinterfragte Annahme verworfen werden sollte, und wird sich mit Alternativen beschäftigen, die gemeinschaftliche aber heterogene Aggregation von Präferenzen und Glauben ermöglichen. Darüber hinaus existiert eine weitere, wiederkehrende, Restriktion in den oben genannten Resultaten: Die eruierten Einstellungen hinsichtlich Risiko oder Ungleichheit beziehen sich typischerweise auf Anwendungen mit kontinuierlichen Gütern (z.B. Geld). Der dritte Teil des Projekts wird das Anwendungsgebiet verallgemeinern, untersuchen wie Einstellungen zu Risiko oder Ungleichheit in verallgemeinerten Anwendungen dargestellt werden können, und die Konsequenzen für individuelle und soziale Wahl betrachten.Das vorgeschlagene Forschungsvorhaben trägt folglich primär zu den Feldern der Entscheidungstheorie, der sozialen Erkenntnistheorie und der Sozialwahltheorie bei. Weiterhin berührt das Vorhaben Fragen der Wirtschaftsphilosophie und der politischen Philosophie.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Ehemaliger Antragsteller Dr. Jean Baccelli, Ph.D., bis 8/2021
 
 

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