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Versammeln: Mediale, räumliche und politische Konstellationen

Antragstellerin Dr. Julia Prager
Fachliche Zuordnung Theater- und Medienwissenschaften
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 426798101
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Versammlungsereignisse lassen sich nicht unter einen Begriff bringen. Jedes Motto (bspw. im Protest) oder auch ein Titel (vermehrt im künstlerischen Bereich) sowie zugeschriebene Bezeichnungen (durch weitere Instanzen wie etwa Informations- und Kommunikationsmedien) lassen sich als Paratexte verstehen, die aber das jeweilige Versammlungsgeschehen in seiner Heterogenität nie zur Gänze fassen können. Dementsprechend ist jede Versammlung sowohl flüchtig als sie sich auch in der Beschreibung konstellativ und situativ erst nachträglich als solche fassen lässt. Jedem Versuch, ein Versammlungsereignis sowohl theoretisch als auch politisch, mitunter ideologisch beschreiben und damit in seiner Flüchtigkeit und permanenten räumlichen, zeitlichen, kulturellen wie medialen Entgrenzung stillstellen zu wollen, wohnt Gewalt inne. Dieser Gewalt muss eine auf das Versammeln bezogene Forschung nachkommen, indem sie erstens ihr fragmentierendes, d.h. situatives und ausschnitthaftes Tun mitreflektiert. Die Erforschung von kleinteiligen Kulturtechniken des Versammelns hat sich als besonders produktiv erwiesen, einzelne Praktiken, Verfahren und Operationen herauszuarbeiten und dadurch für weitere Untersuchungen anschlussfähig zu machen. Zweitens sind jene machtvollen Dynamiken zu betrachten, die sich darin austragen, Versammlungsereignisse in den rückbezüglichen Beschreibungen und medialen Darstellungen als Ganzes fassen zu wollen. Hervorgerufen werden vielfach affektive Anschlusskommunikationen, die u.a. in Hetze und Hass münden wie etwa im gegenwärtig virulenten Diskurs um Protestformen der Demokratiebewegung, der Bauernproteste und der Klimabewegung. Diese affektiven Dynamiken sind immer schon Teil des Versammelns bzw. seiner Begrenzung, indem das Feld der Teilhabe invektiv aufgeladen wird und Teilhaber:innen bspw. von Protestbekundungen abschrecken kann. Nach wie vor wird die "Affektionsanalyse" (Warstat) zu einer der größten Herausforderungen in der Annäherung an solche Performanzen des Versammelns, der sich allein durch den Einbezug der immer stattfindenden medialen Entgrenzungen jeder Versammlung und der zunehmenden Beteiligung von nicht-menschlichen, jedoch ideologisch verfahrenden Akteuren (K.I., Algorithmen) beikommen lässt. Aufgrund dieser innovativen und praxisbezogenen Herangehensweise an Versammlungsereignisse konnte das Netzwerk zukunftsträchtige Ergebnisse erarbeiten, die für die im Moment immer virulenter werdende Versammlungsforschung gewinnbringend sein kann und die Bedeutung der kulturwissenschaftlichen Forschung in diesem Zusammenhang unterstreicht. Zu den Überraschungen der gemeinsamen Arbeit zählte die große Bedeutung, die erstens dem Thema des Netzwerkes in den vergangenen "Krisenjahren" zukam. Zweitens und daran anknüpfend konnte zu Beginn der Netzwerkarbeit noch nicht abgesehen werden, welche Bedeutung bisher als selbstverständlich angenommene Körperpraktiken wie etwa das Atmen in der gegenwärtigen Weltordnung zur Zeit der Pandemie in Bezug auf das Versammeln haben könnten. Diese Einsichten lassen sich mit der fortschreitenden Klimakatastrophe weiter fassen. Drittens war zu Beginn nicht absehbar, welche Entwicklungen sich im Bereich von K.I. ergeben würden, die das Versammeln, das Produzieren von Daten und Darstellungen von Versammlungsereignissen massiv beeinflussen. Die dadurch angeregte Debatte kann in weiteren Projekten gewinnbringend fortgeführt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Was bleibt von Fragmenten einer Sprache der Liebe?, Turia+Kant 2021
    Julia Prager & Peter Clar
 
 

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