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Die Entwicklung des Engramms – Bildgebung der Gedächtniskonsolidierung im Wachzustand und Schlaf

Fachliche Zuordnung Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Förderung Förderung seit 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 426865207
 
Die Frage, wie der kontinuierliche Wahrnehmungsfluss in dauerhafte Erinnerungen umgewandelt wird, beschäftigt uns seit Jahrzehnten. Neue Erfahrungen hinterlassen Spuren im Gehirn, sogenannte „Gedächtnisengramme.“ Was aber entscheidet, ob ein Ereignis ein neuronales Engramm hinterlässt und wie lang diese physische Aufzeichnung erhalten bleibt? Diese Fragen lassen sich nur beantworten, wenn wir die Entstehung und Entwicklung von Gedächtnisspuren im Gehirn beobachten und beeinflussen können.Damit neu gebildete Gedächtnisinhalte nach dem Lernen stabil bleiben, müssen sie konsolidiert werden. Das neuronale Substrat des Gedächtnisses verschiebt sich dabei vom Hippokampus hin zu neokortikalen Regionen, ein Prozess, der auch systemische Gedächtniskonsolidierung genannt wird. Man geht davon aus, dass die wiederholte Aktivierung von neokortikalen Netzwerken hierbei eine entscheidende Rolle spielt, z.B. durch wiederholtes Lernen im Wachzustand oder durch Reaktivierung im Schlaf.Bis vor Kurzem war es schwierig, die Prozesse, die zur Konsolidierung von Gedächtnis führen, zu untersuchen. Durch die Entwicklung neuer bildgebender Methoden ist es nun möglich, das Engramm im Tier und im Menschen zu lokalisieren und seine Entwicklung zu verfolgen. Entgegen der gängigen Meinung, der Neokortex würde nur langsam lernen, zeigen neuere Studien, dass unabhängige Gedächtnisspuren im Neokortex frühzeitig gebildet werden können.Das Ziel dieses Antrags ist es, drei Bedingungen, die eine schnelle systemische Konsolidierung erlauben, näher zu untersuchen – Gedächtnisabruf, Lernen mit zeitlichen Abständen und Schlaf. Mit einer innovativen, auf der Diffusionsbildgebung basierenden Methode, die erfahrungsabhängige Plastizität im menschlichen Gehirn messen kann, wollen wir testen, wie und wo Gedächtnis im Gehirn gespeichert wird, und die Umstrukturierung von Gedächtnisspuren beobachten. Dabei wollen wir (1) feststellen wie schnell sich Engramme im Neokortex bilden und ob diese zeitlich versetzt zu Engrammen im Hippokampus entstehen, (2) überprüfen, ob schnell gebildete neokortikale Engramme Aufschluss über den Inhalt einer vorangegangenen Lernerfahrung geben, (3) untersuchen ob Gedächtnisreaktivierung im Schlaf neokortikale Plastizität begünstigt, und (4) klären ob der Vorteil von Lernstrategien wie Lernen durch Abruf oder Lernen mit zeitlichem Abstand auf eine Beschleunigung der systemischen Gedächtniskonsolidierung zurückzuführen ist.Die Ergebnisse dieses Projekts können zu einer grundlegenden Überarbeitung von Modellen der Gedächtniskonsolidierung führen, insbesondere bezüglich der Beteiligung des Neokortex bei der Gedächtnisverarbeitung. Die Speicherung von Gedächtnis im Neokortex ist unerlässlich für dessen Langzeitstabilität. Damit ist die Eingrenzung der Bedingungen, die eine systemische Konsolidierung und schnelle neokortikale Plastizität ermöglichen, von enormer Bedeutung, nicht nur für die Grundlagenforschung, sondern auch im klinischen und pädagogischen Kontext.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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