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Genduplikationen und Subfunktionalisierung als Anpassung an Herzglykoside in den Wirtspflanzen phytophager Insekten

Fachliche Zuordnung Biochemie und Physiologie der Tiere
Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 427212984
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Anpassungen, die Tiere entwickelt haben, um giftige Herzglykoside in ihrem Futter zu tolerieren, stellen einen faszinierenden Fall von konvergenter Evolution dar. Die Toxine haben eine genau definierte Angriffsstelle, die Na,K-ATPase (NKA), die wohl wichtigste Ionenpumpe im Tierreich. Eine Blockierung der NKA durch Herzglykoside ist schädlich und im Extremfall tödlich. Trotzdem gibt es viele Insekten, die auf Herzglykosid-Pflanzen fressen und die Toxine sogar für ihre eigene Verteidigung nutzen. Dies trifft zum Beispiel auf die Milchkrautwanze Oncopeltus fasciatus zu, deren NKA hochgradig resistent gegen die inhibierende Wirkung der Herzglykoside ist. Die Resistenz wird durch Aminosäureaustausche in der Bindestelle für Herzglykoside in der a1-Untereinheit der NKA bewirkt. Zudem hat O. fasciatus durch Genduplikationen vier Kopien dieser a1-Untereinheit, die sich in der Anzahl und Art der Aminosäureaustausche unterscheiden. Um ein funktionales Enzym zu bilden, müssen diese a-Untereinheiten mit einer von vier möglichen β-Untereinheiten dimerisieren. Dieses Projekt fokussierte auf die Bedeutung, die diese verschiedenen Untereinheiten für die Anpassung der Wanzen an Herzglykoside haben. Wie wir zeigen konnten, unterscheiden sich die a1-Untereinheiten stark sowohl in ihrer Resistenz gegen Herzglykoside, als auch in ihrer Ionenpumpleistung. Zusätzlich können sie weiter moduliert werden durch die β-Untereinheit, mit der sie einen Komplex bilden. Die schrittweisen Genduplikationen, die die vier verschiedenen a1-Untereinheiten hervorgebracht haben, führten letzlich zu immer resistenteren Formen des Enzyms. Besonders faszinierend ist, dass die Resistenz gegenüber einem typischen Herzglykosid der Wirtspflanze stärker zunahm als gegenüber einem Standard- Herzglykosid, das nicht in den Wirtspflanzen der Wanzen vorkommt. Dies spricht für eine schrittweise Steigerung der Abwehr der Insekten gegen die Toxine ihrer Wirtspflanzen. Im Weiteren haben wir die gewebespezifische Verteilung der verschiedenen Untereinheiten der NKA durch Immunocytochemie und Proteomanalysen über LC-MS/MS untersucht. Dies zeigte, welche Kombinationen der Untereinheiten in verschiedenen Geweben vorliegen. Erstaunlicherweise ergab dies auch Hinweise auf größere, gemischte Komplexe der Untereinheiten und auf ein isoliertes Vorkommen sowohl der a1- als auch der β-Untereinheiten. Die genaue Lokalisierung der β-Untereinheiten wies auf ihre Beteiligung an Septate Junctions (Zell-Zell-Kontakten) hin, dies stimmt mit Beobachtungen bei Drosophila überein. RNA-Interferenz vermittelter Knock-Down der β-Untereinheiten führte zu Häutungsproblemen der Wanzen und Mißbildungen der Tracheen. Beide Befunde lassen sich als eine Fehlbildung von Epithelien aufgrund gestörter Septate Junctions deuten. Eine Analyse der Kolokalisation des Proteins Coracle und der β-Untereinheiten bestätigte eine gewebespezifische Beteiligung verschiedener β-Untereinheiten an der Ausbildung von Septate Junctions.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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