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Leyb Kvítko oder Lev Kvitkó? Ein jiddischer (Kinderbuch-)Autor zwischen jüdischer und sozialistischer Revolution

Fachliche Zuordnung Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 427279813
 
Die jüdische Kunst, Kultur und insbesondere die jiddische Literatur im östlichen Europa erlebt zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Blüte ungeahnten Ausmaßes. Eine entscheidende Rolle in diesem Prozess spielt der Lyriker und Kinderbuchautor Leyb Kvitko (1890-1952). Bis zur Auslöschung unter Stalin ist er eine tragende Säule des jiddischsprachigen Literaturbetriebs. Zugleich wird er zu einem der meistrezipierten sowjetischen Kinderbuchautoren in russischer Sprache.Die systematische Untersuchung des für die jüdisch-jiddische Kulturautonomie wie auch jüdisch-sowjetische Kinderliteratur bedeutsamen literarischen Schaffens Leyb Kvitkos stellt ein Desiderat slavisch-jüdischer Forschung dar. Es steht im Spannungsfeld von jüdischer Kulturrenaissance und sozialistischer Revolution, die mehr und mehr in einen tragischen Widerspruch geraten. Unerforscht ist die Rolle von Kvitkos – häufig von namhaften Künstlern illustrierte – Kinderliteratur sowohl für jüdische kulturelle Autonomiebestrebungen als auch für die sowjetische Utopie vom „neuen Menschen“. Das Forschungsvorhaben möchte diese Lücke schließen. Es fokussiert aus einer produktions- und rezeptionsästhetischen Warte auf die jiddische Kinderlyrik Leyb Kvitkos und deren Illustrierungen. Die drei zentralen Zielsetzungen lauten: a) Kvitkos Kinderlyrik im mehrfach verschränkten Kontext aus ostjüdischer Renaissance und sozialistischer Ideologie, historischer Avantgarde und sozialistischem Realismus, jiddischer und sowjetischer Kinderliteratur analysieren;b) durch den intermedialen Vergleich die mehrschichtigen Interrelationen zwischen Text und Bild in ästhetischer, kulturhistorischer und -politischer Hinsicht bestimmen. Der Illustration kommt dabei als Vehikel für das Textverständnis eine Schlüsselfunktion zu;c) die Rolle der Übersetzung vom Jiddischen ins Russische und dadurch Kvitkos sprachlich bedingte dichotome Rezeption erschließen: Der jiddischsprachigen Leserschaft steht ein breites Opus aus Lyrik und Prosa zur Verfügung. Dem sowjetisch-russischen Rezipienten ist ausschließlich seine Kinderlyrik zugänglich.Für alle drei Zielsetzungen ist somit die kultur- und literaturkomparatistische Komponente zentral. Das interdisziplinäre slavistisch-jiddischistische, literatur- und bildwissenschaftlich ausgerichtete Projekt greift hierfür auf aktuelle Methoden und Ansätze der Literatur- und Kulturwissenschaft sowie der Kinderbuch- und Intermedialitätsforschung zurück. Das Fallbeispiel Kvitko soll einen Beitrag zum Verständnis der jiddischen Kinderliteratur in der frühen Sowjetunion sowie Stalinzeit und ihrem Verhältnis zur russisch-sowjetischen (jüdischen) Kinderliteratur leisten. Dies ist insofern von hoher Relevanz, als Kvitkos literarische Doppelexistenz noch nicht eingehend untersucht wurde. Die Ergebnisse werden in Form eines Sammelbandes, Fachbeiträgen, einer jiddisch-russisch-deutschen Anthologie mit Illustrationen und einer Ausstellung wissenschaftlich und öffentlichkeitswirksam präsentiert.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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