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Weltaneignung im Schreiben. Reisetexte weltreisender Naturforscher in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Antragstellerin Dr. Monika Sproll
Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 427625659
 
Das Projekt erforscht das Reiseschreiben von Naturforschern innerhalb der reflexiven Wendung der literarisch-wissenschaftlichen Moderne, die den Vormärz prägte. Der Fokus liegt auf heute im Schatten Humboldts stehende Naturforscher, deren Werke weder literatur- noch wissensgeschichtlich über das 19. Jahrhundert hinaus tradiert wurden. Sie waren in einem eigenen Netzwerk weltreisender Naturforscher um Adelbert von Chamisso verbunden. Zu ihm gehörten Johann Friedrich Eschscholtz, Christian Gottfried Ehrenberg, Georg Adolph Erman, Karl Heinrich Mertens, Eduard Friedrich Poeppig, Franz Julius Ferdinand Meyen und Carl Friedrich Philipp von Martius. In ihren Texten reflektierten und prüften sie das empirische Wissen; zugleich überformten sie ihre Natur- wie Kulturbeschreibungen auch literarisch.Ihre Reisemanuskripte, -briefe und -werke sind durch diverse Schreibverfahren charakterisiert: 1) Sie sind narrativ historisierend und theoretisierend, synthetisierend und systematisierend, wissensbildend und hypothetisch, deskriptiv und explorativ, seriell und datenförmig. Zugleich sind sie auch performativ gestaltet: 2) bezeugend und in kritischen Rekursen, anekdotisch, biographisch und perspektivisch erzählend, in subjektiven Erfahrungen, auktorial und wertend, skeptisch und mit rhetorischen Mitteln. Die Untersuchung zielt auf diese Erzählverfahren, mit denen diese Autoren sich an der Bewegung hin zur Kontur zweier Systeme Kunst und Wissenschaft beteiligten. Sowohl wissensgeschichtlich wie literaturwissenschaftlich ist noch völlig offen, inwiefern und wodurch das Schreiben dieser Autoren epistemisch und literarisch war, ihre Werke Einheiten und Trennungen von Wissen und Erzählen bildeten.Das Projekt zielt in zwei Schritten auf die Herausbildung einer spezifisch naturkundlichen Textkultur im Vormärz, wobei schreibprozessorientierte, wissens- und literaturgeschichtliche sowie narratologische Untersuchungsmethoden zusammengeführt werden. Zunächst werden die Schreibarbeiten dieser weltreisenden Generation – handschriftliche Reisejournale und Reisebriefe – analysiert, um die Textorganisation des Reise- und Schreib-Prozesses in der Relation zum Erfahrungswissen und im jeweiligen Kontext der „Experimentalkulturen“ (Rheinberger) ihrer Weltreisen kenntlich zu machen. Zweitens folgt im Blick auf die narratologische Form der Wissenstexte eine Untersuchung, wie diese Autorengruppe ihre Texte für ihre Publikationen umgestaltete. Hier sollen die konzeptionellen Poetiken der Reiseerzählungen im Kontext der Wissens- und Literaturgeschichte beschrieben und zugleich gezeigt werden, wie aus dem engen Rückbezug auf die Reiseaufzeichnungen im Prozess der Überarbeitung eine Kommentierung, Ausweitung und/oder Überschreitung dieser Wissenskultur des Vormärz entstanden ist.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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