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Ein drittes Modell der Demokratie
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professor Dr. Dirk Jörke; Dr. Skadi Siiri Krause
Fachliche Zuordnung
Politikwissenschaft
Förderung
Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 427879639
Demokratie wird seit dem späten 18. Jahrhundert als repräsentativ und gewaltenteilig konzeptualisiert, wobei periodische Wahlen die Legitimierung der Entscheidungsbefugten garantieren sollen. Dieses Modell wird dabei einem direktdemokratischen Verständnis entgegengesetzt, welches sich in einem Nationalstaat nicht realisieren lasse. Eine derartige simple Gegenüberstellung verdeckt aber ein drittes Modell, welches seit dem 17. Jahrhundert thematisiert wird. Dabei handelt es sich um eine Demokratiekonzeption, die ihren Ausgang bei den Levellers in England nimmt und später vor allem von den Antifederalists in den USA und in der Französischen Revolution von den Girondisten stark gemacht wurde. Dieses dritte Modell wird in der Forschung jedoch zumeist vernachlässigt bzw. den beiden anderen Ansätzen untergeordnet, weil es lediglich als Ablehnung elitärer Verfahren und Institutionen gewertet wird. Jedoch lässt sich anhand der revolutionären Debatten aufzeigen, dass sich dahinter eine eigenständige und fundierte Kritik an der repräsentativen Demokratie verbirgt – und zwar nicht aus einer antidemokratischen Haltung heraus, sondern mit dem Ziel, demokratische Verfahren und Institutionen in Richtung eines komplexen Verständnisses von Demokratie weiterzuentwickeln.Im Fokus des Projektes stehen folglich zwei Anliegen. Erstens soll die Reichhaltigkeit der Debatten um den modernen Demokratiebegriff seit dem 17. Jahrhundert dargestellt werden und zweitens soll die einseitige Lesart von demokratischer Repräsentation überwunden werden, die auf einer Gegenüberstellung von direkter und repräsentativer Demokratie beruht. Repräsentation bedeutet für die Theoretiker des dritten Demokratiemodells nicht bloß, politische Eliten mittels Wahlen zu legitimieren, sondern es geht um die Sicherstellung des Primats der Repräsentierten gegenüber den Repräsentanten. Es ist daher die leitende These des Projektes, dass sich während des Englischen Bürgerkrieges sowie der Amerikanischen und Französischen Revolution genuin Motive dieses vielschichtigen Verständnisses von Demokratie aufzeigen lassen. In den politischen Debatten dieser Zeit ging es nicht nur um die theoretische Legitimierung von Wahlen und Repräsentationsorganen, sondern auch um eine möglichst umfassende Kontrolle jener Eliten, die aufgrund ihrer Ressourcen – Einkommen, Netzwerke, rhetorische Fähigkeiten – eine starke Tendenz haben, politische Herrschaft zu monopolisieren. Um dieser Tendenz zu begegnen, wurde, wie zu zeigen ist, ein ganzes Arsenal an institutionellen Mechanismen ersonnen, um zu garantieren, dass es nicht zur Verfestigung von Herrschaftsstrukturen kommt, konkret, dass die Repräsentanten sich nicht zu weit von den Repräsentierten entfernen. Dieser Ansatz richtete sich ebenso gegen die Gefahr einer Tyrannei der Wenigen wie gegen die Unterdrückung von Minderheiten. Ziel des Projektes ist es, das ideengeschichtlich aufzuarbeitende Material zu einem eigenständigen, dritten Demokratiemodell zu verdichten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen