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Die Kultur(en) des Rechts. Rechtstheorie nach Luhmann

Fachliche Zuordnung Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 429659714
 
Das Forschungsvorhaben will aus der Doppelperspektive der brasilianischen und der deutschen Rechtswissenschaft untersuchen, welche Rolle der Kultur für die Neukonzeption einer Rechtstheorie unter den Bedingungen globalisierter Gesellschaften zukommt. Kultur wird dafür einerseits als ein Phänomen verstanden, das die funktionale Differenzierung der Gesellschaft unterläuft. Sie wird andererseits aber nicht als eine feste Gegebenheit einfach unterstellt, sondern als soziale Praxis begriffen, die sich erst im (und als) Vergleich unterschiedlicher (Rechts-)Kulturen genauer bestimmen lässt.Den Ausgangspunkt bildet dabei die sowohl in Deutschland wie in Brasilien stark rezipierte Rechts- und Gesellschaftskonzeption Niklas Luhmanns, die keinen eigenständigen Kulturbegriff kennt, sondern von einer scharfen funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft ausgeht. In ihrem Kontext scheint für ein die funktionale Spezialisierung übergreifendes oder unterlaufendes Modell von „Kultur“ kein Platz mehr zu sein. Demgegenüber lautet die gemeinsame Hypothese für das Forschungsvorhaben der beteiligten deutschen und brasilianischen Wissenschaftler(innen), dass eine kulturwissenschaftlich informierte Rechtstheorie dieses weit verbreitete Gesellschaftsmodell und die ihm korrelierende Vorstellung eines autonomen Rechts in Zweifel ziehen kann. Statt auf der rigiden Trennung der einzelnen Gesellschaftsbereiche zu insistieren, wird diese Rechtstheorie stärker auf permanente Grenzüberschreitungen und Grenzverschiebungen zwischen den vorgeblich scharf geschiedenen sozialen Subsystemen achten und nach ihren Ausprägungen, Ursachen und Funktionen fragen. Einige erste allgemeine Ansätze sowie einzelne Facetten einer derartigen Rechtstheorie wollen wir gemeinsam erarbeiten. Die Besonderheit des Vorgehens besteht dabei darin, dass es seinen eigenen Zentralbegriff der Kultur nicht als ein ebenso universales wie feststehendes Konzept einfach voraussetzt. Das Forschungsvorhaben geht vielmehr von der Annahme aus, dass es Kultur wie Sprache nur im Plural gibt und dass Kultur wesentlich eine Praxis des Vergleichens bezeichnet. Aus diesem Grund ist Kultur immer schon von der Differenz her zu denken. Dieses nicht substanzielle, sondern operative Verständnis von Kultur zeigt seinen Mehrwert gerade in der interkulturellen Kooperation: Das, was in der Untersuchung als Kultur verstanden wird, kann sich im Einzelnen erst aus der komparativen Perspektive der brasilianischen und der deutschen Wissenschaftler(innen) ergeben. Kultur und Recht stehen in dieser Sicht in einem wechselseitigen Bedingungsverhältnis. Was die „Kultur des Rechts“ als rechtstheoretische Figur leisten kann, zeigt sich deutlich erst vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Kulturen des Rechts – die ihrerseits wiederum von unterschiedlichen rechtstheoretischen Traditionen geprägt werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Brasilien
 
 

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