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Von Ast zu Ast: Die ursprüngliche Rolle des Primatensehens im arborealen Lebensraum

Antragstellerinnen / Antragsteller Dr. Claudia Fichtel; Professor Dr. Fred Wolf
Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Biophysik
Experimentelle und theoretische Netzwerk-Neurowissenschaften
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 430156276
 
Primaten verfügen über einen hochentwickelten Sehsinn, der Menschen und ihren nächsten-Verwandten hoch entwickelte Fähigkeiten für Aufgaben wie invariante Objekterkennung, räumliches Sehen und das Erkennen und Verarbeiten sozialer Anhaltspunkte. Neuere Arbeiten deuten stark darauf hin, dass sich die Verarbeitungsarchitektur des frühen visuellen Kortex am Ursprung der Primaten stark verändert hat und sich im primären visuellen Kortex (V1) schon früh ein nahezu invarianter Schaltkreis für das Formensehen entwickelte. In unseren zurückliegenden Arbeiten fanden wir starke Belege für die strikte Erhaltung dieser Architektur während des größten Teils der Evolution des Primatengehirns. Unsere Beobachtungen deuten auch darauf hin, dass die Umstrukturierung der V1-Schaltkreise an der Basis der Evolution des Primatengehirns von einer massiven Vergrößerung des dem Sehen gewidmeten Teils des Neokortex begleitet wurde. Bei Mauslemuren, nimmt V1 allein 20 % des gesamten Neokortex ein - der größte Anteil unter allen Primaten und viel größer als bei ihren ähnlich großen Nagetierverwandten. Die visuellen Fähigkeiten und Verhaltensweisen, denen diese neuronale Architektur ursprünglich diente, und ihr ökologischer Kontext unterschieden sich massiv vom Sehen bei Menschen, Menschenaffen und Affen. Die von uns entwickelte EthoLoop-Plattform erlaubt das Verhalten, die Kognition und die Wahrnehmung freilebender Mausmakis in einem kontrollierten naturalistischen Umfeld zu untersuchen, das ihrem natürlichen Lebensraum in ähnelt. Unsere Plattform ermöglicht quantitative Studien von visuell geleitetet Futtersuch- und Navigationsverhaltens sowie die Aufzeichnung neuronaler Signale während der Durchführung der Aufgaben. Umweltbedingungen können kontinuierlich vom Tageslicht bis zum Dämmerlicht, dem vorherrschenden visuellen Lebensraum der nachtaktiven Mausmakis, angepasst werden. Unser Vorhaben wird theoretische und computergestützte Neurowissenschaften, Computervision, Hochgeschwindigkeitsvideografie und neuronale Aufzeichnungen bei freilebenden Mausmakis kombinieren, um die visuelle Verarbeitung und Kognition zu untersuchen. Insbesondere werden wir (1) Strategien des aktiven Sehens für das zielgenaue Springen, (2) visuell gesteuerte Verhaltensweisen, die der Arborealen Navigation dienen, und (3) die Kodierung visueller und nicht-visueller Informationen während der Navigation in der Sehrinde und im Hippocampus untersuchen. Diese Studien eröffnen eine neue Perspektive auf den evolutionären Ursprung des Primatensehens, und wichtigen offenen Fragen zur Divergenz der Verarbeitung visueller Informationen Primaten- und dem eng verwandten Nagetiergehirn beantworten.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
Internationaler Bezug Schweiz
Kooperationspartner Professor Dr. Daniel Huber
 
 

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