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Sakkadische Unterdrückung: von Zebrafischen zu Primaten

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 430158665
 
Für sich bewegende Tiere bringt die aktive Sinneswahrnehmung viele Vorteile mit sich. Allerdings führt die Bewegung eines Sensors unausweichlich zu Komplikationen bei der Verarbeitung der eingehenden sensorischen Datenströme. In diesem Projekt wollen wir das aktive Sehen im Rahmen von schnellen Augenbewegungen (Sakkaden) untersuchen. Der Fokus liegt hierbei auf der veränderten visuellen Verarbeitung zum Zeitpunkt von Sakkaden. In der sogenannten „sakkadischen Unterdrückung“ wird die Wahrnehmungsschwelle für kurzlebige, visuelle Reize dramatisch erhöht, wenn diese Reize in zeitlicher Nähe zu Sakkaden auftreten. Beim „sakkadischen Remapping“ verändern sich rezeptive Felder kurzfristig und verletzen die eigentlich geltende Retinotopie. Trotz der Robustheit dieser beiden Phänomene konnten die Mechanismen und Ursprünge bisher nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden und die diesbezüglichen Debatten halten an. Wir beabsichtigen, diese beiden Phänomene aus der Perspektive der evolutionären Konvergenz und Optimierung heraus zu erforschen. Hierzu werden wir zwei evolutionär weit entfernte Spezies verwenden: Zebrafische und nicht-menschliche Primaten. Der Fokus liegt hierbei auf dem Optischen Tektum (OT) bei Fischen und dem homologen Superior Colliculus (SC) der Säugetiere. In der ersten Förderperiode konnten wir erstmals eine sakkadische Unterdrückung bei Fischen nachweisen. Sie ist im Vergleich scheinbar schwächer und länger andauernd als beim Affen. Um die potenziellen konvergenten evolutionären Prinzipien zu verstehen, die sowohl die qualitativen Ähnlichkeiten als auch die quantitativen Unterschiede zwischen den Spezies erklären könnten, haben wir ein Kontrolltheorie-Modell erstellt, welches die effiziente sensomotorische Informationsschätzung als Mechanismus der sakkadischen Unterdrückung verwendet. In diesem Modell teilen SC/OT ihre rechnerischen Ressourcen für die motorische Kontrolle und die visuelle Wahrnehmung. Rausch-Parameter könnten im Modell die quantitativen Unterschiede zwischen Tiergruppen erklären. Wir werden die gewonnenen experimentellen Daten nutzen, um die Erklärungskraft des Modells durch fundierte Eingrenzung der Parameter-Werte zu verbessern. Des Weiteren werden wir das sakkadische Remapping in einem Inter-Spezies-Vergleich experimentell untersuchen. Somit werden wir die funktionale Konvergenz von SC und OT nachweisen und Leistungsgrenzen des Sehsystems aufzeigen. Unser Ansatz ist einzigartig und fruchtbar, da das gleiche wissenschaftliche Personal in enger Zusammenarbeit zweier benachbarter Labore direkt mit beiden Spezies gearbeitet hat und weiterhin arbeiten wird. Wir erwarten, dass unsere Untersuchung des aktiven Sehens im OT des Zebrafischs transformativ für das Feld sein könnte, da wir die experimentelle Zugänglichkeit des OT und das evolutionär ursprünglichere Fisch-Gehirn nutzen werden, um lang anhaltende Debatten über die Beteiligung des SC der Säugetiere an der Sakkaden-bedingten Wahrnehmungsveränderung zu klären.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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