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Von lokaler Vielfalt zu transnationaler Institutionalisierung: Die Entstehung des Einheitlichen Patentgerichts in Europa

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Humangeographie
Förderung Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 430164615
 
Obwohl das europäische Patent zum Schutz geistigen Eigentums bereits 1973 eingeführt wurde, gibt es bis heute keine einheitliche Gerichtsbarkeit zur Verteidigung von Schutzrechten auf europäischer Ebene. Das Vorhaben UNIFIED konzentriert sich auf den aktuellen Prozess institutioneller Konvergenz zwischen regional und national variierenden Regimen geistigen Eigentums und auf die Entstehung einer neuen transnationalen Institution: dem Einheitlichen Patentgericht (EPG). Angesichts jüngster empirischer Belege für die große Variation von Entscheidungen gerichtlicher Patentstreitigkeiten über die einzelnen EU-Mitgliedstaaten hinweg widmet sich dieses Vorhaben den beiden führenden kontinentaleuropäischen Regimen für geistiges Eigentum: Frankreich und Deutschland. Das Vorhaben verfolgt zwei Forschungsfragen: Erstens, wie unterscheiden sich institutionelle Praktiken und die Auslegung von Rechtsnormen zwischen den regionalen und nationalen Gerichtsbarkeiten in Frankreich und Deutschland? Zweitens, durch welche Mechanismen konvergieren Normenauslegung und richterliche Praktiken hin zu einer einheitlichen europäischen Gerichtsbarkeit? UNIFIED beantwortet diese Fragen mithilfe eines Ansatzes, der institutionelle und netzwerkbasierte Konzepte zu einer neo-strukturellen Theorie der Institutionalisierung integriert. Auf Basis eines regional-komparativen und gemischten Forschungsdesigns erfasst ein Panel von zwei Wellen qualitativer Interviews mit Patentrichtern zunächst die lokal spezifischen Normenauslegungen und richterlichen Praktiken, sowie deren Wandel in der zweiten Welle des Panels. Parallel dazu dienen formale Netzwerkumfragen auf ‚Konvergenzveranstaltungen‘, d.h. Tagungen und Fortbildungen von Fachverbänden und Vereinigungen, zur Erhebung eines europaweiten Netzwerks von Patentrichtern. Diese Multilevel-Netzwerkanalyse erlaubt es über gegenseitige Beratungen und Urteilszitate diejenigen Mechanismen in den sozialen Beziehungen zwischen Patentrichtern zu bestimmen, die ihre richterlichen Interpretationen und Praktiken über Gerichtsstandorte hinweg harmonisieren. UNIFIED wird sowohl substanzielle als auch relationale Primärdaten über eine richterliche Elite in Europa sammeln und am Beispiel eines in-vivo Prozesses zu einem besseren Verständnis beitragen, wie eine gemeinsame transnationale Institution aus einer geographisch fragmentierten institutionellen Vielfalt hervorgehen kann. Die Schaffung eines legitimen und wirksamen Einheitspatentgerichts wird ein großer Fortschritt für den Europäischen Binnenmarkt sein, um die technologische Innovationskraft zu fördern. Hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Relevanz sucht UNIFIED nach Möglichkeiten, wie eine gemeinsame Rechtsinstitution Frankreich und Deutschland dabei helfen könnte, ihre jeweiligen nationalen Innovationssysteme zu stärken.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Frankreich
Kooperationspartner Professor Dr. Emmanuel Lazega
 
 

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