Auf der Suche nach den neuronalen Grundlagen des Temporal Binding: Wie sind synaptische Depression und neuronale Adaptation im auditorischen Kortex miteinander verknüpft?
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Schallereignisse ergeben in unserer Wahrnehmung nur dann einen Sinn, wenn sie im zeitlichen Kontext mit anderen Schallereignissen betrachtet werden. Somit ist die Fähigkeit unseres Hörsystems, aufeinanderfolgende Ereignisse in Beziehung zueinander zu setzen, ein zentraler Bestandteil der auditiven Verarbeitung. Dies erfolgt durch das auditive Kurzzeitgedächtnis, welches soeben gehörte Schallereignisse mit einem ständig aktualisierten Abbild der unmittelbaren Vergangenheit verknüpft. Die neuronalen Grundlagen des auditiven Kurzzeitgedächtnisses sind noch weitgehend ungeklärt, jedoch weisen neuere Forschungen darauf hin, dass die höchste Verarbeitungsstufe unseres Hörsystems, der auditive Cortex (AC), wesentlich daran beteiligt ist und dass synaptische Depression dabei ein Schlüsselmechanismus ist. Um zu verstehen, wie die Struktur des AC und synaptische Depression das Kurzzeitgedächtnis formen, verfolgen wir einen integrativen Ansatz aus rechnergestützter Modellierung der Signalverarbeitung im AC und experimentellen Daten der Aktivität im AC von Menschen und nicht-menschlichen Primaten. Bei allen drei Methoden haben wir die Auswirkung des Stimuluskontexts auf die Aktivität des AC untersucht und als Maß hierfür die Adaptations-Lebensdauer verwendet, die die Erholung der Aktivität auf wiederholte Stimulation mit demselben Reiz beschreibt. Durch systematische Variation der Parameterwerte konnten wir zeigen, dass die Simulationen sehr gut mit den am Menschen gemessenen Magnetenzephalographie-Signalen übereinstimmen. Darüber hinaus haben wir in einem neuen Ansatz durch die Verbindung von Computational Modelling mit einem Optimierungsalgorithmus (Evolutionary Algorithm) die Modellparameter weiter optimieren. Weiterführende Simulationen deuten auf unterschiedliche Adaptations-Zeitkonstanten in verschiedenen AC-Feldern hin. Zudem konnten wir in Untersuchungen an Menschen und Affen weitere Vorhersagen des Modells verifizieren. Wir konnten zeigen, dass sich die Adaptations-Zeitkonstanten zwischen linkem und rechtem AC des Menschen signifikant unterscheiden; ein Befund, der kompatibel mit den Ergebnissen unserer Simulationen ist, wonach unterschiedliche AC-Felder verschiedene Zeitkonstanten haben können. Unsere Untersuchungen an Primaten zeigen, dass im Vergleich zu Populationssignalen etwa ein Drittel der untersuchten Neuronen eine ähnliche Abhängigkeit von der Reizvorgeschichte haben, und dass die Zeitkonstanten sehr gut miteinander vergleichbar sind. Im Gegensatz zu Modell-Vorhersagen wurden weder signifikante Unterschiede zwischen Neuronen in verschiedenen AC-Feldern noch eine Abhängigkeit der Zeitkonstanten von der Art des verwendeten Stimulus gefunden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Layer-Specific Intracortical Amplification Shortens the Lifetime of Thalamocortical Repetition Suppression in Auditory Cortex. Springer Science and Business Media LLC.
Ma, Jing; Brunk, Michael; Matysiak, Artur; Härtwich, Nina; Ohl, Frank; May, Patrick; Happel, Max; König, Reinhard & Deliano, Matthias
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Adaptation in primate auditory cortex: results from multiunit recordings based on predictions from computational modelling. Poster at the 7th Int. Conf. on Auditory Cortex, Magdeburg
Zare A.; May P. J. C.; Marosi E. L.; Dar A. H.; König R. & Brosch M.
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Optimisation of an auditory cortex model via an evolutionary algorithm. Poster at the 7th Int. Conf. on Auditory Cortex, Magdeburg
Turczak 1 E.; Härtwich N.; Rozmarynowski A.; König R.; May P. J. C. & Sielużycki C.
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Hemispheric differences in time constants of auditory adaptation in humans using Magnetoencephalography. Poster at the 7th Int. Conf. on Auditory Cortex, Magdeburg
Dar A. H.; Härtwich N.; Hajizadeh A.; Zare A.; Brosch M.; May P. J. C. & König R.
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Optimising a computational model of human auditory cortex with an evolutionary algorithm. Hearing Research, 439, 108879.
Tomana, Ewelina; Härtwich, Nina; Rozmarynowski, Adam; König, Reinhard; May, Patrick J.C. & Sielużycki, Cezary
