Anwendung des Ant Colony Optimization Algorithmus zur Skalenkürzung für Determinanten von Gesundheitsverhalten
Public Health, Gesundheitsbezogene Versorgungsforschung, Sozial- und Arbeitsmedizin
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Am Verhalten von Ameisenkolonien orientiert sich der sogenannte Ant-Colony-Optimization Algorithmus (ACO). Die Tiere bilden Ameisenstraßen und gelangen so auf schnellstmöglichem Weg an Futter. Diesen Gedanken überträgt der Algorithmus auf Problemlösesituationen. In diesem Projekt wurde der Algorithmus genutzt, um bestehende Testsysteme und Interventionen zu optimieren. In bevölkerungsbasierten Präventionsstudien werden häufig gleich mehrere Gesundheits- und Risikoverhaltensweisen abgefragt. Das resultiert in langen Fragebögen und einer dementsprechend hohen Belastung von Testteilnehmer*innen. Um diese Belastung in Zukunft zu verringern, brauchen wir kürzere Fragebögen. In diesem Projekt wurden bestehende Testverfahren mithilfe des ACO-Algorithmus analysiert. Ziel war es, Kurzskalen zu entwickeln, mit denen Selbstwirksamkeitserwartung und Entscheidungsbalance für gesundheitsrelevante Verhaltensweisen erfasst werden können. Das Vorgehen orientierte sich an den folgenden Leitfragen: 1) Inwieweit ist der ACO-Algorithmus zur Itemselektion in verschiedenen gesundheitsbezogenen Bereichen geeignet? 2) Können mittels ACO-Algorithmus vergleichbare oder sogar zuverlässigere Kurzskalen erstellt werden als mit konventionellen Methoden? 3) Sind die vom ACO-Algorithmus selektierten Items messinvariant? In diesem ersten Ansatz zur Arbeit mit dem ACO Algorithmus im gesundheitsbezogenen Kontext konnten Skalen zur Erfassung von Selbstwirksamkeitserwartung und Entscheidungsbalance aus den Bereichen Alkoholkonsum und Tabakkonsum betrachtet werden. Hierbei wurde auch geprüft, ob Variationen in den Parametern des Algorithmus unterschiedliche Auswirkungen auf unterschiedliche Skalen zeigen würden. Tatsächlich waren die vom Algorithmus ausgewählten Skalen auch unter verschiedenen Variationen der Parameter in psychometrischer Hinsicht konventionell erstellten Kurzskalen deutlich überlegen, z.B. die Skala zur Selbstwirksamkeitserfassung von Alkoholabstinenz: Lankskala (20 Items): χ²(170) = 4375.65, p < .001, CFI = .872, RMSEA = .14; Kurzskala (8 Items): χ²(20) = 701.47, p < .001, CFI = .946, RMSEA = .15; ACO-Skala (8 Items): χ²(20) = 124.24, p < .001, CFI = .995, RMSEA = .05. Die Ergebnisse des Parametertunings verdeutlichen, dass es notwendig ist, für den Einsatz des ACO-Algorithmus zur Itemselektion das optimale Verhältnis von Bearbeitungszeit und Lösungsqualität individuell abzuwägen. Typischerweise hängt mehr Exploration von möglichen Lösungen mit höherer Qualität zusammen. Die Ergebnisse dieses Projekts zeigten außerdem einen Zusammenhang mit einheitlicheren Lösungen. Die deutlich längere Bearbeitungszeit könnte allerdings der ursprünglich angestrebten Rechenökonomie des Algorithmus entgegenstehen. Gerade bei überschaubaren Itempools, wie den hier untersuchten Langskalen, welche 20 bis 26 Items umfassten, können daher auch Konfigurationen für den Algorithmus gewählt werden, die weniger Exploration fordern und damit zeitsparender sind. In zukünftigen Arbeiten soll die Anwendbarkeit des Algorithmus im Gesundheitsbereich in Hinblick auf komplexere Designs (longitudinale Designs; Integration von Messinvarianz) und andere Optimierungskriterien (Validitätskriterien) weiter überprüft werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Application of the Ant Colony Optimization Algorithm as an item selection method for short scales. Presentation at the 15th congress of the German Association of Epidemiology (DGepi), Greifswald, Germany
Moehring, A.
