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Glücksspiel und soziale Kontrolle. Eine soziologische Untersuchung der Herausbildung eines neuen Kontrollregimes im Feld des kommerziellen Automatenspiels

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Soziologische Theorie
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 432259620
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Programm der Regulierung des kommerziellen Glücksspiels unterliegt einem anhaltenden Wandel. Beim hier untersuchten Automatenspiel haben sich zum einen die Objekte und damit die Interventionsfelder der Kontrollregime verändert. Nicht mehr nur ein einzelner Spieler, der im Verdacht steht, dem Glücksspiel in „problematischer“ Weise nachzugehen, sondern im Prinzip alle Spielenden geraten in den Fokus der Beobachtung und Überwachung. Auf der technologischen Ebene können dabei nicht-personalisierte und personalisierte Spielerkarten, elektronische (sowie biometrische) Zugangskontrollen sowie im Online-Bereich Tracking- und Suchterkennungssoftware zum Einsatz kommen. Zum anderen wächst die Zahl der Akteure, die der „präventiven Vernunft“ Geltung verschaffen sollen. Im Zuge der neueren Glücksspielregulierung werden auch den Glücksspielanbietern und ihrem Personal präventive Aufgaben zugeteilt. Ergänzt wird dieses Kontrollregime durch die Aufforderung an die Spielenden, die Risiken ihres Spielverhaltens sowie die daraus erwachsenden Probleme möglichst eigenverantwortlich zu managen. Insgesamt ergibt sich das Bild eines Kontrollregimes, das von drei Interventions-prinzipien geprägt ist: (1) Vermeidungs- und Reduktionsprinzip; (2) Behütungsprinzip; (3) Selbstführungsprinzip. Diese Prinzipien sind mit je spezifischen Maßnahmen verbunden, die nicht frei von Widersprüchen sind und sich außerdem durch nicht-intendierte Folgen auszeichnen. Im Zentrum steht dabei nicht allein die bislang weitgehend ungeklärte Frage nach der Wirksamkeit der meisten Interventionsmaßnahmen. Hinzu kommt die sich anbahnende Zunahme von illegalen Spielangeboten auf Kosten des legalen Spiels, die nicht zuletzt vom Wunsch vieler Spielenden nach Anonymität getrieben wird. Es kann somit für das soziale Feld des kommerziellen Automatenspiels nicht davon die Rede sein, dass traditionelle Mechanismen der juridischen und disziplinarischen Kontrolle und Überwachung durch ein Regime freiwilliger Selbstkontrolle ersetzt worden ist. Darüber hinaus kann auch nicht davon ausgegangen werden, das kommerzielle Automatenspiel als homogenes Feld zu begreifen, in dem bei allen Spielformen die gleichen Interventionsprinzipien zur Anwendung kommen. Was sich abzeichnet ist vielmehr ein Korrelationssystem zwischen den verschiedenen Interventionsprinzipien, in dem „Prävention“ als Dominante auftritt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass „Prävention“ häufig für andere gesellschaftliche Interessen instrumentalisiert wird. Außerdem bestehen (noch) deutliche Unterschiede zwischen dem stationären und dem virtuellen Automatenspiel.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Glücksspiel und „Glücksspielsucht“ als soziales Problem. Vortrag bei der Gesellschaft für Prävention und Spielerschutz, 16. Dezember 2021.
    Möll, Gerd
  • Mit Geld spielt man nicht!. transcript Verlag.
    Möll, Gerd
  • Soziale Konstruktion von Spielsucht als Mittel, andere soziale Probleme zu bearbeiten. Vortrag im Rahmen der Bochumer Forschungswerkstatt für Glücksspiel und Gesellschaft an der Ruhr-Universität Bochum. 4. Februar 2021.
    Möll, Gerd & Jo Reichertz
  • The communicative construction of gambling addiction as a means of solving other social problems. The Case of Germany. Vortrag an der University of Auckland, 9. März 2023.
    Reichertz, Jo
  • „Mit Geld spielt man nicht!” Vortrag bei der Fachtagung „Spielfreude - Die vielfältigen Aspekte des Glücksspiels" des Bundesverband Automatenunternehmer, Berlin, 13. Juni 2023.
    Möll, Gerd
 
 

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