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Methode zum Wundverschluss in der interventionellen Endoskopie

Fachliche Zuordnung Automatisierungstechnik, Mechatronik, Regelungssysteme, Intelligente Technische Systeme, Robotik
Förderung Förderung von 2007 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 43372715
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Projektes war es, ein Vorgehen für den Wundverschluss in der interventionellen Endoskopie zu entwerfen. Um die Entwicklung eines neuartigen Mechanismus zum Gewebefügen zielorientiert durchzuführen, wurde der Stand der Forschung analysiert und die Komponenten kommerziell verfügbarer Instrumente verglichen. Als Ergebnis konnte festgestellt werden, dass bisher kein Wundverschlussmechanismus existiert, mit dem einen sicheren und gewebeschonenden Wundverschluss, und dabei aus medizinischer und technischer Sicht eine geringe Systemkomplexität aufweist, verfügbar ist. Es ist erstmals gelungen, eine axiale Vereinigung von zwei tangentialen Gewebslefzen zu realisieren. Im Entwicklungsprozess wurden insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt: Die Anwendung von medizinisch zugelassenen Biomaterialien, die Dimensionierung des Implantats für endoskopische Arbeitskanäle, die intraoperative Adaptation an die Gewebedicke und die Herstellbarkeit von Funktionsmustern und Prototypen für Experimente. Der Nietmechanismus basiert auf einem einfachen, mechanischen Druck-Zug-Prinzip, welches ein sicheres Verschließen zweier Gewebeschichten über die gesamte Wanddicke ermöglicht und intraoperativ an die variierende Wanddicke von Gewebe angepasst werden kann. Es wurde ein Nietsystem realisiert bestehend aus einer scharfen, geschliffenen Spitze, einem starren Verbindungskörper mit zwei flexiblen, schlaufenförmigen Ankern und einer Hülse bzw. Mutter ebenfalls mit zwei schlaufenförmigen Ankern. Dabei sind die vorderen und hinteren Anker entgegensetzt gerichtet. Die Oberfläche des Verbindungskörpers ist entweder mit einem Gewinde (Schraubenprinzip) oder mit einer Rasterung (Rasterprinzip) versehen. Für die Auswahl von biokompatiblen Materialien mit den erforderlichen mechanischen und biologischen Eigenschaften wurden medizinisch zugelassene Polymere und Magnesium legi erungen untersucht. Aus den Analysen des Abbauverhaltens ergab sich, dass für die Spitze eine spezielle Magnesiumlegierung ausgewählt wurde, die eine schnelle Degradation erfüllt. Für den Verbindungskörper wurde eine Kombination aus einem flexiblen und starren Kunststoffverwendet, welche sich in der Versuchsreihe als toxikologisch unbedenklich herausgestellt hatte. Das Zusammenfügen von Gewebe erfolgt, indem mit der Spitze des Implantats das Gewebe durchstochen wird. Danach wird das Gewebe mit schlaufenformigen Ankern am Nietkopf und an der Hülse festgehalten. Die Hülse mit Ankern ermöglicht intraoperativ eine Adaption an die Gewebedicke. Nach dem Anbringen des Niets liegen die Anker flächig auf dem Gewebe an und bewirken eine gleichmäßige Kraftübertragung. Die Fertigung von Funktionsmustern erfolgte mit Span- und Gießverfahren. Prototypen aus vollständig resorbierbaren Biomaterialien wurden unter Berücksichtigung thermischer und technischer Materialeigenschaften hergestellt. Mit der Entwicklung des Endorivet-Systems, wurde erstmalig ein vollständig resorbierbares, multi funktionales Wundverschlussimplantat entwickelt und realisiert, mit dem Wundränder bis zur Heilung verschlossen werden können und hiermit erfolgreich ein innovativer neuer Ansatz realisiert werden, der der Entwicklung hin zur narbenlosen Chirurgie einen erheblichen Impuls gibt. Für diesen neuen Lösungsansatz konnte nicht nur in vitro mindestens eine Gleichwertigkeit (in der Tendenz sogar eine Überlegenheit) zum heutigen Goldstandard der manuellen Naht nachgewiesen werden, sondem es konnte auch im in vivo-Versuch gezeigt werden, dass diese neue Form der Viszerosynthese zuverlässig funktioniert. Von chirurgischer Seite wurden für den praktischen Einsatz des Endorivets zusätzliche Untersuchungen erforderlich, um ein geeignetes Gegenhalteprinzip zu realisieren. Dabei konnten sehr detaillierte Erkenntnisse über den Vorgang der Gewebsperforation und der Funktion von geeigneten Halteinstrumenten entwickelt werden. Diese Erkenntnisse können auch unabhängig vom Endorivet in die chirurgische Operationstechnik (insbesondere bei Kombinationsverfahren und NOTES) eingesetzt werden. Zudem wurden wesentliche neue Erkenntnisse zur Verwendung des Werkstoffs Magnesium im Gastrointestinaltrakt erarbeitet, die vom Ansatz her eine breite Palette von Anwendungsmöglichkeiten bieten. Wie bei der Entwicklung eines Prototypen eigentlich nicht anders zu erwarten, wurde bei der klinischen Evaluation der Endorivet-Entwicklung in manchen Aspekten auch ein Optimierungsbedarf nachgewiesen, insbesondere in folgender Hinsicht: 1. Durchmesser des Endorivet: In der derzeit vorliegenden Form ist der Endorivet nur für Spezialendoskope mit besonders weitem Arbeitskanal einsetzbar. 2. Der Endorivet ist ausgesprochen empfindlich auf laterale Belastung; bei nur relativ geringfügigen Auslenkungen der Spitze während des Applikationsvorgangs kommt es zum Bruch des Polymerschaftes. 3. Der derzeit realisierte Applikator entspricht noch nicht den geforderten ergonomischen Ansprüchen. Zudem ist Endorivet nicht magazinierbar. Dessen ungeachtet wird jedoch festgestellt, dass das Projektziel erfolgreich reaisiert bzw. sogar übertroffen wurde. Die Erkennmisse und Ergebnisse aus dem Projekt schaffen eine Grundlage für die Entwicklung miniaturisierter, endoskopischer Instrumente und Implantate. Der Entwicklungsprozess erfolgte unter der Berücksichtigung der Aspekte der medizinischen Funktionalität, Biokompatibilität, Sterilität und Herstellbarkeit bzw. Reproduzierbarkeit. Der systematische Entwicklungsprozess zur anwendungsorientierten Auslegung medizinsicher Instrumente ist auf weitere Anwendungsbereiche übertragbar. Dabei wird die Entwicklungsumgebung an die medizinischen und biologischen Rahmenbedingungen angepasst und schrittweise in der Entwicklung integriert. Die Umsetzung der Resorbierbarkeit für medizinische Implantate stellt aus technischer Sicht immer noch eine Herausforderung dar. In diesem Projekt wurden verschiedene Materialien mit unterschiedenen mechanischen und biologischen Eigenschaften in einem einzigen Implantat vereint. Damit können bisherige Probleme bzw. Einschränkungen durch komplexe Mechanismen in der Endoskopie gelöst werden. Die Entwicklung von Stents in der Gefasschirurgie oder Fixiemngsmechanismen für die Osteosynthese ist denkbar. Der größte Entwicklungsbedarf besteht für das Applikationsinstrument zum Anbringen der Nieten. Eine Applikation der Nieten mit einem flexiblen Endoskop ist derzeit nicht möglich. Weiterhin werden aufgrund des Designs der Nieten zur Erfüllung der vorgesehenen Funktionalität hohe Durchstichkräfte benötigt. Das Problem der Triangulation, des Gegenhaltens der Wundränder und die notwendige Durchstichkraft mittels flexiblen Endoskops sind weitere Anforderungen an ein geeignetes Applikationsinstrument. Weiterhin ist die Anwendung dieses Mechanismus in der offenen Chirurgie denkbar. Es stellt ein möglicher Ersatz für das intraoperative Nähen dar. Zusammenfassend wurde in diesem Projekt ein breites Spektrum für die Forschung und Entwicklung neuer, miniaturisierter Mechanismen für die Medizintechnik ausgearbeitet. Insgesamt sehen wir die Entwicklung der Nieten entsprechend der Antragsstellung als erfolgreich erfüllt, wobei die Konzipierung eines geeigneten Applikators als weitere Herausforderung besteht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2008) Rivet application for wound closure with flexible endoscopy in endoluminal endosurgery. Proceedings of the 4th Russian-Bavarian Conference on Biomedical Engineering (4th Russian-Bavarian Conference on Biomedical Engineering Moscow 08.-09.07.2008) Moscow : MIET 2008, pp. 33-37 - ISBN 978-5-7256-0506-8
    Gillen, S., Fiolka, A., Can, C., Schneider, A., Friess, H., Feußner, H.
  • (2008): Absorbable Biomaterials for Medical Devices: A Redesign of Endoscopic Rivets for Biological Tissue. CIBEC: Cairo International Biomedical Engineering Conference, Kairo, Ägypten, 18.-20.12.2008. In IEEE Xplore (Ed.), Cairo International Biomedical Engineering Conference, IEEE Press, S. 1-4
    Aguib, H. und Lueth, T.C.
  • (2009): Concepts for Completely Absorbable Wound Closing Rivets and Prototype Manufacturing. World Congress on Medical Physics and Biomedical Engineering, München, Deutschland, 7.-12.11.2009. In Dössel, O.; Schlegel, W.C. (Ed.), World Congress on Medical Physics and Biomedical Engineering, Bd. 25, Springer Verlag, S. 289-292
    Aguib, H. und Lueth, T.C.
  • (2010) ENDORIVET- die neue NOTES-Verschlusstechnik nach dem Blindnietprinzip. 40. Kongress der Dt. Gesellschaft für Endoskopie und Bildgebende Verfahren (DGE-BV)
    Fiolka, A., Gillen, S., Schneider A., Knödgen, F., Feußner, H.
  • (2010): Biodegradable wound closing devices for gastrointestinal interventions. (2nd Symposium of Degradable Metals for Biomedical Applications 2010)
    Hänzi, A.C.; Aguib, H.; Schinhammer, M.; Metlar, A.; Lüth, T.C.; Löffler, J.F. und Uggowitzer, P.J.
  • Experimental Validation of a Tissue Joining Implant providing flexible Adaptation to the Thickness of the Stomach Wall, IEEE Transactions on Biomedical Engineering
    Aguib, H.; Roppenecker, D. und Lueth, T.C.
 
 

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