Atomistische Untersuchung der Grenzflächenenergie in Nickelbasis-Superlegierungen
Mechanische Eigenschaften von metallischen Werkstoffen und ihre mikrostrukturellen Ursachen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Hochtemperaturbelastete Bauteile, beispielsweise für Turbinen, werden oft aus Nickelbasis-Superlegierungen hergestellt. Diese erhalten ihre Festigkeit durch Teilchen, die in diesen Werkstoffen ausgeschieden werden. Da große Bauteile geschmiedet werden, dürfen die festigkeitssteigernden Teilchen bei Schmiedetemperatur noch nicht vorhanden sein, sondern sich erst bei niedrigeren Temperaturen ausscheiden. Weitere Ausscheidungen (die Niob-haltige δ - und Titan-haltige η-Phase) müssen dagegen schon bei Schmiedetemperatur vorliegen, da sich ansonsten die Mikrostruktur der Legierung ungünstig verändert. Will man die Einsatztemperatur der Legierungen erhöhen, um den Wirkungsgrad der Turbine zu steigern, müssen entsprechend auch die Eigenschaften der δ- und η-Phase angepasst werden. Die Ausscheidung von Teilchen der δ- und η-Phase wird unter anderen durch die Energie der Grenzfläche zwischen diesen Phasen und der Nickel-Matrix bestimmt. Ziel dieses Antrags war es, die Grenzflächenenergie dieser Teilchen sowie die der verfestigenden γ”-Phase zu berechnen und zu untersuchen, wie sich andere Legierungselemente auf diese Grenzfläche auswirken. Alle drei Phasen scheiden sich typischerweise in Form von Plättchen aus. Bei der γ-Phase liegt dies vor allem an der durch die Phase hervorgerufenen Gitterverzerrung, deren Energie so minimiert wird, bei den anderen beiden Phasen ist die Energie der Grenzflächen für eine Orientierung deutlich niedriger, weil sich die Atome hier regelmäßig (kohärent) anordnen können. Die Simulationen zeigen, dass die Atome an anders orientierte Grenzflächen ihre Energie mit Hilfe von Gitterbaufehlern (Versetzungen) reduzieren. Anordnungen unter Winkeln von 60◦ sind hier anscheinend günstig, weswegen sich eine sechseckige Teilchenform ausbilden sollte. Dies wird auch durch experimentelle Untersuchungen gestützt. Werden die Teilchen größer, sorgen die unterschiedlichen Atomabstände in Phase und Matrix für zusätzliche Gitterbaufehler auch an den günstig orientierten Grenzflächen. Es konnte gezeigt werden, dass die Energie solcher Teilchen sich durch die Energie der Gitterbaufehler und der langreichweitigen elastischen Verzerrungsenergie sehr gut annähern lässt. Die Simulationen des Einflusses anderer Legierungselemente zeigen, dass erwartet werden kann, dass einige Elemente (beispielsweise Al, Mo, Hf) die Teilchenform beeinflussen, weil sie sich an energetisch günstige Positionen der Grenzfläche setzen. Elemente wie Co, Cr und Fe, die in Legierungen in hoher Konzentration vorkommen, stabilisieren die Phasen hin zu höheren Temperaturen. Diese Ergebnisse konnten zumindest teilweise experimentell bestätigt werden. Die Projektergebnisse können zur industriellen Entwicklung insbesondere neuer Nickelbasis-Schmiedelegierungen beitragen. Der vorhergesagte und experimentell teilweise bestätigte Einfluss verschiedener Legierungselementen auf die Grenzflächenenergie legt beispielsweise nahe, dass die Ausscheidung von Teilchen der δ- oder η-Phase und deren Wachstum sich durch Zulegieren geeigneter Elemente beeinflussen lässt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Influence of transition group elements on the stability of the γ″-phase in nickelbase alloys. Modelling and Simulation in Materials Science and Engineering, 29(5), 055006.
Bäker, Martin & Rösler, Joachim
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Effect of Co and Cr on the Stability of Strengthening Phases in Nickelbase Superalloys. Crystals, 12(8), 1084.
Bäker, Martin & Rösler, Joachim
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Effects of Alloying on the Interface Energy of the γ-Phase in Nickel-Based Superalloys. Metallurgical and Materials Transactions A, 54(5), 1857-1861.
Ngo-Dinh, Bao-Nam & Bäker, Martin
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Understanding element solution energies in nickelbase alloys using machine learning. Materials Research Express, 10(3), 036503.
Bäker, Martin
